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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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3<br />

Das riesige Defizit bei der Sanitärversorgung<br />

Selbst eine ganz einfache<br />

Sanitärversorgung bringt<br />

schon Vorteile, doch der<br />

Gewinn für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> steigt mit jeder<br />

Stufe stärker an<br />

Die Sanitärversorgungsleiter macht auf ein<br />

wichtiges, aber weithin vernachlässigter Problem<br />

staatlicher Politik aufmerksam. Bei den<br />

meisten Kostenkalkulationen für <strong>die</strong> Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele,<br />

einschließlich der in<br />

Kapitel 1, wird zunächst der Finanzierungsbedarf<br />

für den Einstieg auf der untersten Stufe der<br />

Leiter ermittelt. Der für <strong>die</strong> Erreichung der<br />

Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>szielvorgabe bei der<br />

Sanitärversorgung angesetzte Preis von zehn<br />

Milliarden US-Dollar bezieht sich auf den<br />

Zugang zur untersten Stufe der Sanitärversorgungsleiter<br />

– einfache Trockengrubenlatrinen.<br />

Würde man <strong>die</strong> Kalkulation für höhere Stufen<br />

der Sanitärversorgungsleiter – z.B. Hausanschlüsse<br />

an <strong>die</strong> Abwasserentsorgung oder kommunale<br />

Abwasserbehandlung – durchführen,<br />

würden sich <strong>die</strong> Kosten schon auf 34 Milliarden<br />

US-Dollar belaufen. 3 Ungeachtet <strong>die</strong>ses<br />

Kostenunterschieds bieten bessere Sanitärversorgungsstandards<br />

erhebliche gesundheitliche<br />

Vorteile. Selbst eine ganz einfache Sanitärversorgung<br />

bringt schon Vorteile, doch der Gewinn<br />

für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong> steigt<br />

mit jeder Stufe stärker an. In städtischen Gebieten<br />

von Peru, um nur ein Beispiel zu nennen,<br />

sinkt beim Vorhandensein einer Grubenlatrine<br />

im Haus das Risiko von Durchfallerkrankungen<br />

um 50 Prozent, während ein Spülklosett<br />

das Risiko um 70 Prozent vermindert.<br />

Beim Übergang vom Stuhlgang im Freien<br />

am untersten Ende des Spektrums hin zur<br />

unbedenklichen Sammlung, Aufbewahrung<br />

und Entsorgung <strong>menschliche</strong>r Ausscheidungen<br />

und der Behandlung oder Wiederverwendung<br />

von geklärtem Abwasser ergeben sich in den<br />

unterschiedlichen Kontexten auch unterschiedliche<br />

Schwierigkeiten. In ländlichen<br />

Gebieten ist oft kein Kanalisationsnetz vorhanden.<br />

Eine Verbesserung der Sanitärversorgung<br />

bedeutet hier zumeist, dass Latrinen immer<br />

weiter verbessert werden, wobei Spüllatrinen<br />

oder Latrinen mit Faulbehältern <strong>die</strong> sinnvollste<br />

Möglichkeit darstellen. Im urbanen Raum<br />

ergibt sich ein uneinheitlicheres Bild. In städtischen<br />

Ballungsgebieten haben Kanalisationssysteme<br />

eindeutige Vorteile. Anschlüsse an<br />

Zulauf- und Stammkanäle sind <strong>die</strong> sicherste<br />

Methode, um Exkremente von den Menschen<br />

und vom Trinkwasser fernzuhalten – seit jeher<br />

eine Herausforderung für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />

Doch dort, wo das Kanalisationsnetz<br />

nicht hinreicht und ein Großteil der Bevölkerung<br />

unversorgt ist, kann sich <strong>die</strong> Einrichtung<br />

eines Kanalisationssystems, an das alle Haushalte<br />

angeschlossen werden, aufgrund der hohen<br />

Kapitalkosten verbieten. Unter solchen<br />

Voraussetzungen können kurz- und mittelfristig<br />

eine autonome Abwasserentsorgung oder<br />

der Ausbau gemeinsam genutzter Sanitäranlagen<br />

am praktikabelsten sein.<br />

Über Latrinen hinaus<br />

Die gegenwärtigen Versorgungsstrukturen sind<br />

so vielfältig, dass gegen<strong>über</strong> Patentrezepten<br />

Vorsicht geboten ist. In weiten Teilen von Afrika<br />

südlich der Sahara ist <strong>die</strong> Abdeckung durch<br />

das Kanalisationsnetz gering – hier sind weniger<br />

als zehn Prozent der städtischen Bevölkerung<br />

an <strong>die</strong> öffentliche Abwasserentsorgung<br />

angeschlossen. In Ländern mit höherem<br />

Durchschnittseinkommen sieht es aber oft<br />

nicht anders aus. Städte wie Jakarta und Manila<br />

haben geringere Anschlussquoten (acht bis<br />

zehn Prozent) als westafrikanische Städte wie<br />

Dakar und Abidjan. In Städten, wo trotz geringer<br />

Anschlussquoten weit verzweigte Stammkanäle<br />

vorhanden sind, können <strong>die</strong> Kosten für<br />

Hausanschlüsse <strong>über</strong> Zulaufkanäle tragbar sein.<br />

Die Kosten schnellen jedoch in <strong>die</strong> Höhe, wenn<br />

für <strong>die</strong> Herstellung von Hausanschlüssen hohe<br />

Investitionen in den Bau von Stammkanälen<br />

erforderlich werden.<br />

In manchen Städten sind <strong>die</strong> Anschlussquoten<br />

zwar hoch, doch das Kanalisationssystem<br />

befindet sich in einem erbärmlichen Zustand.<br />

Delhi weist zwar auf den ersten Blick viele<br />

Merkmale der Sanitärversorgung eines entwickelten<br />

Landes auf, doch <strong>die</strong>s kann nicht <strong>über</strong><br />

ernsthafte Probleme hinwegtäuschen. Ein Großteil<br />

der Zulaufkanäle des Kanalisationssystems,<br />

<strong>die</strong> eine Gesamtlänge von 5.600 Kilometern<br />

haben, ist versandet, und auch von den Stammkanälen<br />

sind nur 15 Prozent funktionsfähig.<br />

Die Kapazität der 17 Kläranlagen reicht nicht<br />

einmal aus, um <strong>die</strong> Hälfte der anfallenden<br />

Abwässer zu behandeln, und <strong>die</strong> meisten Anlagen<br />

arbeiten weit unter Kapazität. Dies führt<br />

146<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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