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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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Kasten 5.2<br />

Wasserhandel im Westen der Vereinigten Staaten<br />

5<br />

Konkurrenz um Wasser in der Landwirtschaft<br />

Der Westen der Vereinigten Staaten ist wohl das von Reformern am häufigsten zitierte Modell für einen<br />

effizienten Handel mit Wasserrechten. Weniger Aufmerksamkeit erhielten jedoch <strong>die</strong> Gesetze und<br />

Institutionen, <strong>die</strong> das Modell steuern und <strong>die</strong> sich <strong>über</strong> einen langen Zeitraum hinweg entwickelt haben.<br />

Die Wassertransfers im Westen der Vereinigten Staaten wurden durch Gesetze erleichtert, <strong>die</strong> Wasserrechte<br />

von Bodenrechten trennen. Es war <strong>die</strong>se Trennung, allerdings verstärkt durch <strong>die</strong> Missachtung<br />

anderer rechtlicher Verfahren, <strong>die</strong> William Mulholland in <strong>die</strong> Lage versetzte, sich in den 1920er Jahren<br />

Wasser im Owens Valley anzueignen und es nach Los Angeles zu leiten. Für <strong>die</strong> Systeme, <strong>die</strong> den Wassertransfer<br />

regeln, sind Informationen von entscheidender Bedeutung. Die ausführlichen Unterlagen der<br />

staatlichen Behörden <strong>über</strong> <strong>die</strong> mit individuellen Rechten verknüpften Wassermengen und -anteile sind<br />

eine weiteres Merkmal der Systeme im Westen der Vereinigten Staaten.<br />

Intersektorale Transfers werden durch institutionelle Verfahren geregelt, <strong>die</strong> sich von Bundesstaat zu<br />

Bundesstaat unterscheiden. In Arizona, New Mexico und Utah ist <strong>die</strong> staatliche Wasserbehörde dafür<br />

zuständig, <strong>die</strong> technischen Merkmale aller Transfers zu prüfen und Anhörungen <strong>über</strong> Auswirkungen auf<br />

Drittparteien durchzuführen. In Colorado entscheiden Wassergerichte <strong>über</strong> Streitigkeiten zwischen konkurrierenden<br />

Wassernutzern, was zu wesentlich höheren Transaktionskosten für <strong>die</strong> Urheber und Gegner<br />

angefochtener Maßnahmen führt. Außerdem werden nur Rechte behandelt, <strong>die</strong> an eine „nutzbringende<br />

Verwendung“ geknüpft sind. Auf den öffentlichen Nutzen abhebende Beschwerden <strong>über</strong> geringere Durchflussmengen<br />

oder Gefährdung von Existenzgrundlagen durch Produktionsausfälle auf Bewässerungsflächen<br />

sind nicht zugelassen.<br />

In Kalifornien werden gelegentlich Transfers durch eine staatliche „Dürre-Wasserbank“ durchgeführt,<br />

<strong>die</strong> den Ankauf von Wasser von einzelnen Farmern und den Transfer zu anderen Nutzungen organisiert.<br />

Die meisten Transfers erfolgen in Form einer vor<strong>über</strong>gehenden Verpachtung, zum Teil wegen der für Wasserrechte<br />

geltenden Restriktionen, zum Teil aber auch, weil <strong>die</strong> meisten Inhaber der Wasserrechte <strong>die</strong>se<br />

nicht auf Dauer aufgeben wollen. Manche Stadtverwaltungen sichern sich zusätzliches Wasser in Dürrejahren,<br />

indem sie Farmer für <strong>die</strong> Installation von Wassereinsparungsvorrichtungen bezahlen oder für eine<br />

verstärkte Auffüllung von Speicherbecken in regenreichen Jahren sorgen. Die zusätzlichen Wassermengen,<br />

<strong>die</strong> dadurch verfügbar werden, erhält dann <strong>die</strong> betreffende Stadt.<br />

Wassertransfers sind im Westen der Vereinigten Staaten ein höchst umstrittenes Politikfeld, das häufig<br />

<strong>die</strong> Gerichte beschäftigt. Was das System so einzigartig macht, vor allem aus Sicht von<br />

Niedrigeinkommensländern, <strong>die</strong> sich um den Einsatz politischer Instrumente wie handelbarer Genehmigungen<br />

und Reallokation auf dem Verwaltungsweg bemühen, sind <strong>die</strong> tief verwurzelten Regeln und<br />

Normen. Aber trotz <strong>die</strong>ser Regeln und Normen hat es sich als schwierig erwiesen, <strong>die</strong> Zugangsgerechtigkeit<br />

bei der Wassernutzung zu schützen – ein Ergebnis, das in der öffentlichen politischen Debatte in<br />

den <strong>Entwicklung</strong>sländern im Vordergrund stehen sollte.<br />

Quelle: Meinzen-Dick und Ringler <strong>2006</strong>; NNMLS 2000.<br />

in Anspruch zu nehmen. Die gesetzlich verbrieften<br />

Rechte der Menschen nützen ihnen<br />

wenig, wenn sie zu den für ihren Schutz verantwortlichen<br />

Institutionen keinen Zugang haben<br />

oder <strong>die</strong>se nicht auf ihre Bedürfnisse eingehen.<br />

Das gilt sogar in Ländern mit hochentwickelten<br />

Regeln und Normen der Rechtspflege. Im amerikanischen<br />

Bundesstaat New Mexiko hat <strong>die</strong><br />

staatliche Wasserbehörde <strong>über</strong> <strong>die</strong> Rechte kleiner<br />

Wassernutzer und <strong>die</strong> Auswirkungen auf<br />

Drittparteien zu entscheiden. Kleinbauern, <strong>die</strong><br />

traditionellen bäuerlichen Bewässerungssystemen<br />

angehören, empfinden es jedoch als<br />

schwierig, ihre etablierten Rechte zu verteididota<br />

(Kalifornien) ergab, dass <strong>die</strong> Gesamtzahl<br />

der Farmen in Wasser exportierenden Regionen<br />

zwischen 1987 und 1992 um 26 Prozent<br />

zurückging. Die Zahl der kleinen Farmen fiel<br />

jedoch um 70 Prozent, und <strong>die</strong> Nachfrage nach<br />

Arbeitskräften ging noch stärker zurück, als<br />

Großhandelsfirmen für Agrarprodukte den<br />

Betrieb aufgaben. 17 Während der Wohlstand<br />

insgesamt zunahm, gehörte eine große Gruppe<br />

ärmerer Erzeuger zu den Verlierern.<br />

Das amerikanische Beispiel zeigt auch, dass<br />

es nicht nur auf <strong>die</strong> Gleichheit vor dem Gesetz<br />

ankommt, sondern dass <strong>die</strong> Menschen außerdem<br />

dazu befähigt werden müssen, das Gesetz<br />

228<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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