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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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dem Kostendeckungsniveau festgesetzt. Schätzungen<br />

zufolge decken <strong>die</strong> aktuellen Gebühren<br />

lediglich ein bis sieben Prozent der Grenzkosten<br />

für <strong>die</strong> Wasserversorgung. 42 Eine solche<br />

Preispolitik motiviert nicht zu effizienter Nutzung<br />

und bedroht <strong>die</strong> Nachhaltigkeit. Für den<br />

Nahen Osten und Nordafrika als Region wird<br />

geschätzt, dass nur 30 Prozent des zur Bewässerung<br />

genutzten Sturzwassers <strong>die</strong> Pflanzen<br />

erreicht. 43<br />

Würde <strong>die</strong> Nutzung der Preispolitik zur<br />

Förderung von Effizienz und ökologischer<br />

Nachhaltigkeit dem Gedanken der Zugangsgerechtigkeit<br />

zuwiderlaufen, weil arme Bauern<br />

von Wassermärkten ausgeschlossen werden<br />

könnten? Die Antwort auf <strong>die</strong>se Frage hängt<br />

vom größeren politischen Umfeld und einer<br />

Reihe von Verteilungsfaktoren ab. Untersuchungen<br />

in Ägypten lassen darauf schließen,<br />

dass eine Gebühr zur Abdeckung der Betriebsund<br />

Instandhaltungskosten etwa drei Prozent<br />

der durchschnittlichen Betriebseinnahmen von<br />

Bauern betragen würde (doppelt so viel, wenn<br />

<strong>die</strong> Investitionskosten ebenfalls berücksichtigt<br />

würden). Dies ist nicht wenig, für kommerziell<br />

arbeitende Bauern jedoch erschwinglich. Durch<br />

<strong>die</strong> Staffelung der Gebühren je nach Größe,<br />

Standort und Einnahmen könnten <strong>die</strong> Auswirkungen<br />

auf arme Haushalte im ländlichen<br />

Raum abgemildert werden. Regierungen rechtfertigen<br />

bestehende Wassersubventionen häufig<br />

mit dem Aspekt der Zugangsgerechtigkeit.<br />

Die ungleiche Verteilung von Grund und<br />

Boden beschwört Zweifel an <strong>die</strong>ser Rechtfertigung<br />

herauf, weil der Wasserverbrauch mit<br />

der Größe des Grundbesitzes zunimmt. In<br />

Tunesien beispielsweise entfallen auf 53 Prozent<br />

der Grundbesitzer lediglich neun Prozent<br />

von Grund und Boden, was vermuten lässt, dass<br />

große Erzeuger den <strong>über</strong>wiegenden Teil der<br />

Subventionen einstreichen.<br />

Widersinnige Subventionen sind nicht<br />

auf <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer beschränkt. Die<br />

Vereinigten Staaten und Europa zahlen großzügige<br />

Subventionen für <strong>die</strong> Grundwasserentnahme.<br />

Bauern, <strong>die</strong> am Central Valley Project in<br />

Kalifornien teilnehmen, einem Schwerpunktgebiet<br />

für den Anbau wichtiger wasserintensiver<br />

Exportgüter wie Reis und Weizen, verbrauchen<br />

etwa ein Fünftel des Wassers in dem<br />

Bundesstaat. Die von ihnen gezahlten Preise<br />

decken Schätzungen zufolge weniger als <strong>die</strong><br />

Hälfte der Wasserkosten, was mit insgesamt<br />

416 Millionen US-Dollar subventioniert wird.<br />

Auch hier sind <strong>die</strong> Transfers höchst regressiv:<br />

Die zehn Prozent der größten Betriebe erhalten<br />

zwei Drittel der Gesamtsubventionen. 44 In südeuropäischen<br />

Ländern wie Spanien ist der<br />

Anbau wasserintensiver Kulturen eine Ursache<br />

für Wasserknappheit. Dieser Anbau wird zum<br />

Teil durch Subventionen im Rahmen der<br />

Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ermöglicht.<br />

Die Auswirkungen von Wassersubventionen<br />

in reichen Ländern enden nicht an deren<br />

Grenzen. Dies gilt insbesondere für Erzeugnisse,<br />

bei denen <strong>die</strong> Europäische Union und <strong>die</strong><br />

Vereinigten Staaten wichtige Exporteure sind.<br />

Wenn <strong>die</strong> Vereinigten Staaten wasserintensive<br />

Erzeugnisse wie Reis exportieren – sie sind der<br />

drittgrößte Reisexporteur der Welt –, exportieren<br />

sie auch sehr hohe virtuelle Wassersubventionen.<br />

Erzeuger in anderen Exportländern<br />

wie Thailand und Vietnam und Importländer<br />

wie Ghana und Honduras stehen im Wettbewerb<br />

in Märkten, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong>se Subventionen<br />

verzerrt werden.<br />

So schädlich falsche politische Entscheidungen<br />

wie <strong>die</strong> für widersinnige Subventionen auch<br />

sein können, noch schwerwiegender sind möglicherweise<br />

<strong>die</strong> Versäumnisse der Politik. Wasser<br />

mag begrenzt verfügbar sein – es wurde<br />

jedoch als eine Umweltressource ohne Knappheitswert<br />

behandelt. Aquatische Ökosysteme<br />

schaffen <strong>die</strong> Bedingungen und halten <strong>die</strong><br />

Prozesse in Gang, <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong>s Leben aufrechterhalten,<br />

einschließlich der Bereitstellung<br />

von Wasser zu Produktionszwecken. Dennoch<br />

werden <strong>die</strong>se Dienstleistungen selten in Märkten<br />

gehandelt, haben keinen Preis und werden<br />

deshalb nicht angemessen bewertet – trotz ihres<br />

sehr realen Beitrags zum Reichtum aquatischer<br />

Ökosysteme (Kasten 4.4).<br />

Übereinkünfte bezüglich der volkswirtschaftlichen<br />

Gesamtrechnungen verstärken <strong>die</strong><br />

Marktschwächen in Bezug auf Wasser. Es<br />

besteht eine offensichtliche Asymmetrie in der<br />

Art und Weise, wie Regierungen den Wert von<br />

Finanzkapital und Naturkapital wie Wasser<br />

Wenn <strong>die</strong> Vereinigten Staaten<br />

wasserintensive Erzeugnisse<br />

wie Reis exportieren,<br />

exportieren sie auch<br />

sehr hohe virtuelle<br />

Wassersubventionen<br />

4<br />

Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 185

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