Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Norbert Blüm<br />
Kurzbiografie<br />
Norbert Blüm wurde am 21. Juli 1935 in Rüsselsheim geboren. Nach Abschluss der<br />
Volksschule und einer Ausbildung zum Werkzeugmacher arbeitete Blüm insgesamt sieben<br />
Jahre bei der Adam Opel AG in Rüsselsheim. Nachdem er 1961 auf dem zweiten<br />
Bildungsweg das Abitur nachgeholt hatte, studierte er Philosophie, Germanistik, Geschichte<br />
und Theologie, letzteres unter anderem bei Joseph Ratzinger. 1967 schloss er sein Studium<br />
mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Seit 1950 ist Blüm Mitglied der CDU; von 1977 bis 1987<br />
war er Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft; von 1969 bis<br />
2000 war er Mitglied des CDU-Bundesvorstands. 1990 kandidierte er als CDU-<br />
Spitzenkandidat gegen den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau. Von<br />
1982 bis 1998 war Blüm Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und erhielt als solcher<br />
1990 das Große Bundesverdienstkreuz. Im April 2011 wurde Norbert Blüm mit dem Oswaldvon-Nell-Breuning-Preis<br />
der Stadt Trier ausgezeichnet für seine christlich geprägte<br />
Sozialpolitik, die substanziell auf den Lehren des Jesuitenpaters aufgebaut hatte.<br />
<strong>Interview</strong> geführt in Bonn am 06. Juni 2011<br />
Rolf van Dick: Herr Blüm, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen. Sie haben<br />
selber jahrelange Führungserfahrung als Bundesminister für Arbeit- und Sozialordnung, 16<br />
Jahre im Kabinett Kohl. Sie waren erst Geschäftsführer, dann jahrelang Vorsitzender der<br />
CDA-Sozialausschüsse. Sie waren Parteivorsitzender der CDU hier in Nordrhein-Westfalen.<br />
Ich weiß nicht wie viele Ämter ich noch aufzählen könnte, aber Sie waren in wichtigen<br />
Funktionen, in wichtigen Schaltstellen der deutschen Politik und insbesondere auch der CDU.<br />
Sie haben kürzlich ein Buch geschrieben – „Ehrliche Arbeit“ – in der Sie ein wenig beklagen,<br />
dass wir uns in Deutschland vielleicht im Bereich des Managements in eine Kultur<br />
hineinbewegen, die Sie glaube ich als ungesund wahrnehmen oder die Sie …<br />
Norbert Blüm: …zurückhaltend formuliert…<br />
Rolf van Dick: …als schädlich wahrnehmen…<br />
Norbert Blüm: ...oder vielleicht sogar idiotisch.<br />
Rolf van Dick: …für das Miteinander in der Gesellschaft. Heute soll es darum gehen: In<br />
unserem Center wollen wir uns anschauen, wie Führung funktioniert oder wieso sie vielleicht<br />
auch manchmal nicht funktioniert. Was mich interessiert ist, wie Sie ganz persönlich mit<br />
Führung umgegangen sind. Die erste Frage ist vielleicht ein bisschen provokant, aber<br />
brauchen wir Führung überhaupt? Wenn Sie jetzt zum Beispiel auf sich selbst aktuell<br />
schauen, brauchen Sie jemanden der Ihnen sagt, dass Sie dieses Buch schreiben sollen, der<br />
Sie motiviert weiterhin aktiv und tätig zu sein? Sind Sie nicht jetzt gerade in Ihrem aktuellen<br />
Lebensstadium ein gutes Beispiel dafür, dass wir das auch selber können?<br />
Norbert Blüm: Ja, ein Buch schreibe ich ja noch alleine. Aber es gibt viele Sachen, die ich<br />
alleine gar nicht zustande bringe. Und in dem Moment ist Koordination gefragt. Und nun<br />
kann Koordination spontan stattfinden, da würde ich mich allerdings im privaten Bereich<br />
noch drauf verlassen. Aber schon im Straßenverkehr würde ich mich nicht drauf verlassen,<br />
sondern bin auf Regeln angewiesen. Was sind eigentlich Vorfahrtsregeln anderes als