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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Johannes zu Eltz: Das gibt es für die unteren und mittleren Ebenen des Personals. Das wird<br />

auch immer mehr eingefordert, dass man die normalen Mittel der Personalführung wie sie in<br />

der Wirtschaft und der Verwaltung entwickelt wurden, auch in der Kirche implementiert. Das<br />

würde man unprofessionell finden, wenn wir das überhaupt nicht könnten. Also ich mache<br />

das mit meinen Sekretärinnen. Ob es mit mir nochmal gemacht wird, das ist eine andere<br />

Frage. Also ich glaube, die Leitung von Leitenden ist eine Schwachstelle bei uns; das kann<br />

sich noch entwickeln. Ich habe das schon ganz früh so empfunden und auch gesagt. Bei mir<br />

heißt das epigrammatisch „Väter brauchen Väter“. Ich brauche jemanden, der sich in einer<br />

organisierten Form für das interessiert, was ich tue und lasse und wo ich Erfolge und<br />

Misserfolge habe und daraus auch Schlussfolgerungen zieht. Das kann ganz gut sein, dass,<br />

wenn Sie so ein Leitungsamt erklommen haben, berufslebenslang niemand mehr richtig<br />

nachfragt, was Sie so machen. Das kann schon passieren.<br />

Rolf van Dick: Väter brauchen Väter. Fehlen in der katholischen Kirche vielleicht manchmal<br />

auch die Mütter? Also weibliche Anteile, die Führung ja auch hat? Gut kommunizieren<br />

können, sich um Mitarbeiter zu kümmern im Sinne weiblicher Qualitäten…<br />

Johannes zu Eltz: Da ist zumindest das Bewusstsein schärfer. Wir haben ein habituelles<br />

Problem, was die Integration von weiblichen Fähigkeiten in das kirchliche Amt betrifft, weil<br />

wir keine Frauen zu Priesterinnen weihen. Aber dass Frauen – qualifizierte, beruflich<br />

erfahrene Frauen, die kommunikative Gaben haben – nötig sind, erstens um selbst, soweit das<br />

möglich ist, Leitungstätigkeiten auszuüben und dann um priesterliche Leitung zu beobachten,<br />

zu beraten und, wo es nötig ist auch zu korrigieren, das wird mehr.<br />

Rolf van Dick: Wer hat Sie in Ihrer Karriere oder in Ihren bisherigen Aufgaben beeindruckt?<br />

Wo haben Sie Menschen getroffen, innerhalb oder außerhalb der Kirche, die für Sie Vorbild<br />

waren?<br />

Johannes zu Eltz: Ich habe gestern Abend unseren Altbischof besucht, Franz Kamphaus, der<br />

in Aulhausen im Rheingaugebirge unter geistig Behinderten lebt und dort seinen Ruhestand<br />

verbringt. Dass ein über achtzigjähriger Mann so fröhlich, so lebendig, so bescheiden und so à<br />

jour mit allen kirchlichen Entwicklungen sein kann, ohne sich ins Tagesgeschäft<br />

einzumischen, das ist bewundernswürdig. Und den Bischof Franz habe ich erlebt als<br />

jemanden, der schon mit Seminaristen – das sind Lehrlinge in unserer Zunft – so gesprochen<br />

hat, dass er ihnen das Gefühl gegeben hat, dass wirklich wichtig ist, was wir sagen. Also nicht<br />

die eingebaute Hochnäsigkeit von anderen Führungspersönlichkeiten, wo man das Gefühl hat,<br />

man muss erst einmal Bischof werden, bis die überhaupt richtig mit einem reden. Aber das<br />

war gar nicht mit ihm. Und das andere, große Stärke bei Leitungspersonen: Er war imstande,<br />

Leute, die anderes als er richtig fanden, manchmal das Gegenteil von dem wollten, was er<br />

wollte, im System nach oben kommen zu lassen. Er hat sich systematisch mit Leuten<br />

umgeben, die nicht nur „ja“ sagen, sondern auch „eher nicht“ oder „nein“. Und das habe ich<br />

stark gefunden.<br />

Rolf van Dick: Ist das ein Grund, warum Führung so oft auch nicht funktioniert? Also in der<br />

Kirche gab es und gibt es Skandale, Fehlentwicklungen, in der Wirtschaft reden wir über<br />

verbranntes Geld, Burnout, Mobbing, Fehltage, in der Politik sehen wir Politikverdrossenheit.<br />

Ist das ein Grund, dass Menschen, die nach oben kommen, dazu neigen, Kritik nicht mehr zu<br />

hören, anzunehmen?

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