Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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machen lassen. Ich gebe zu, dass ich auch Tricks dabei hatte, das ist klar. Aber eigentlich ist<br />
das hochgeklappte Visier, das was immer noch am besten funktioniert. Also das Gesicht<br />
zeigen und sagen: Freunde so ist es und so muss es sein. Und jeder andere kann sagen so<br />
muss es nicht sein.<br />
Rolf van Dick: Wie haben Sie ganz persönlich in den kleinen Zirkeln geführt. Angefangen<br />
vielleicht in dem Lehrstuhl in dem Sie Sekretärinnen, Mitarbeiter, Assistenten hatten. Hin<br />
zum Bundespräsidialamt. Und was ist ihr persönlicher Stil?<br />
Roman Herzog: In vielen Fällen wusste ich, und das sind auch Dinge die insbesondere im<br />
Bundesverfassungsgericht passiert sind, wohin der Hase laufen muss und was meine<br />
verfassungsrechtliche Überzeugung ist. Aber das geht auch dort wo es nicht um die<br />
Anwendung des Grundgesetzes geht, sondern einfach um politische Klugheit. Also eine<br />
gewisse Vorstellung: Ungefähr dorthin will ich. Und dann habe ich immer Leute denen ich<br />
Erstens vertraut habe und vor allen Dingen deren Wissen ich vertraut habe zusammen geholt.<br />
Das waren Mitarbeiter, Abteilungsleiter, aber auch ganz andere niedrigere Chargen. Und mit<br />
Ihnen gesprochen und gefragt, was sie sich eigentlich vorstellen. Das hatte den ersten Vorzug,<br />
dass man selbst die eigene Position überprüfen kann, weil die anderen ja auch nicht mit<br />
Dummheit geschlagen sind. Zweitens erfreut es jeden wenn er etwas mitkriegen darf und das<br />
schafft auch Loyalität. Das muss man ehrlich zugeben. Und dann gibt es auch die Fälle, in<br />
denen man selbst noch nicht sicher ist. Ich kann mich an Fälle erinnern wo ich selbst noch<br />
nicht wusste wohin läuft das eigentlich und was ist jetzt richtig? Und da war dann die<br />
Methode immer zunächst frei diskutieren zu lassen und irgendwann dann zu sagen jetzt muss<br />
der Sack zugebunden werden. Im Ernstfall sogar abgestimmt werden. Im Senat des<br />
Bundesverfassungsgerichts musste sowieso abgestimmt werden. Man kann mit einer Probe-<br />
Abstimmung vorgehen und sagen wir sind noch nicht soweit und treffen uns in eins, zwei<br />
Wochen noch einmal zu einer Weiterführung der Beratung. Man kann aber auch aus den<br />
Diskussionen die die Kollegen miteinander oder die Mitarbeiter miteinander führen erkennen<br />
was die richtige Position ist bzw. was die richtige Linie ist. Noch idealer wäre es gewesen die<br />
Meinung in einer Vorlesung vorzutragen. Ich habe ja früher gerade von Karlsruhe aus in<br />
Speyer und zum Teil auch in Tübingen Vorlesungen über die Rechtsprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichts gehalten. Und wenn Sie dort vortragen müssen, dann merken Sie<br />
selber wo die schwachen Stellen sind oder auch die starken Stellen dann in der Begründung<br />
sind. Dann ist es aber zu spät, denn dann ist ja schon die Entscheidung gefallen. Und in ganz<br />
wenigen Fällen, jetzt nicht im Bundesverfassungsgericht, aber in anderen Fällen in denen ich<br />
mir selber nicht klar war und auch nach der Argumentation nicht klar war bin ich so<br />
vorgegangen: Diskutieren lassen bis der Erste einen Argumentationsfehler macht und dann<br />
dem Anderen Recht geben. (lacht)<br />
Rolf van Dick: (lacht) Wenn man sich Ihre verschiedenen Ämter anschaut: Würden Sie eher<br />
sagen sie haben als Person die jeweiligen Ämter gestaltet oder haben die Ämter in ihren<br />
jeweiligen Anforderungen Sie in Ihrer Art zu führen mehr beeinflusst?<br />
Roman Herzog: Beides. Einen Senat im Bundesverfassungsgericht können Sie nicht führen.<br />
Und vor allen Dingen müssen Sie sich immer noch eines offen halten. In der Politik ist es oft<br />
nicht entscheidend wie entschieden wird. Aber es ist entscheidend wann entschieden wird.<br />
Und da den richtigen Zeitpunkt zu finden. Unter anderem auch im Bundesverfassungsgericht,<br />
in dem eben die Tagesordnung in dem kleinen Spielraum entsprechend gestaltet wird. Das ist<br />
wichtig. Es gibt Entscheidungen die man wirklich so oder so machen kann. Die aber wenn sie<br />
zur Unzeit kommen einfach, das ist jetzt vielleicht ein blödes Wort, aber kontraproduktiv<br />
wirken.