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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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nichts zu tun haben, dann führt das zu einer Ausdünnung, zu einem Missverständnis, was<br />

Literatur angeht. Dann kommen da irgendwelche gemachten Bestseller, die das bringen<br />

müssen, und das geht ganz gewiss auf Kosten der Literatur und im Grunde dann auch auf<br />

Kosten des Verlages. Das ist zum Beispiel eine Führungsposition, die ich als höchst<br />

fragwürdig ansehe, wo die Rendite den Maßstab setzt.<br />

Rolf van Dick: Vielleicht kann man aber auch ketzerisch, oder von der anderen Seite, sagen:<br />

„Ein Buchverlag der kein Geld verdient, kann dann auch keine Bücher in der Folge mehr<br />

verkaufen“.<br />

Günter Grass: Ein guter Verleger weiß das und wird auch immer besorgt sein, dass er Titel<br />

im Programm hat, die sich leichter verkaufen, ebenso wie Bücher, die man nur einmal liest<br />

und seine Freude daran hat. Aber damit sind sie dann auch in der Lage, mal einen Lyrikband<br />

herauszugeben, von dem sie genau wissen, dass davon nicht mehr als tausend Exemplare<br />

verkauft werden.<br />

Rolf van Dick: Aber man muss dieses Buch auch lieben, als Verleger. Das sieht man<br />

natürlich, bei Peter Suhrkamp hat man das glaube ich gesehen, bei Steidl sieht man es...<br />

Günter Grass: Ich will damit nur sagen, dass, bei ihrem Begriff Führung, er auch mit solchen<br />

Qualitäten verbunden sein muss, auch auf diesen spezifischen Erfahrungen beruhen muss,<br />

also aus dem Beruf heraus. Der bloße Besitz qualifiziert noch nicht zum Führungsanspruch.<br />

Rolf van Dick: Vielleicht noch einmal zu ihnen ganz persönlich: Sie sind ja sozusagen als<br />

Akademiepräsident auch mal in einer Führungsposition gewesen, aber auch jetzt ganz konkret<br />

leiten Sie in Lübeck ein Sekretariat, beziehungsweise Frau Ohsolingleitet es, aber Sie sind ihr<br />

Vorgesetzter. Ich glaube im Verlag, ich habe das mehrmals beobachtet, duzen Sie sich alle<br />

mit den engeren Steidl – Mitarbeitern, aber trotzdem sind Sie als Autor ja an verschiedenen<br />

Stellen derjenige, der sagt, wie was gemacht wird oder wie Sie es sich vorstellen.<br />

Günter Grass: Ja, aber immer wenn ich bei Steidl im Verlag arbeite und das Buch in der<br />

Herstellung ist und es ist ein Buch, das passiert ja bei mir relativ oft, dass es mit<br />

zeichnerischen Dinge durchsetzt ist, dann ist das was ich mitbringe, die Voraussetzung. Aber<br />

dann arbeite ich zum Beispiel mit Sarah Winter, das ist eine Mitarbeiterin bei Steidl. Sie sitzt<br />

dann am Computer, den ich gar nicht bedienen kann, und sie bedient ihn und hat ihre<br />

Vorstellungen und manchmal greife ich korrigierend ein oder wir sprechen uns ab. Das ist<br />

eine Zusammenarbeit, wobei sie das respektiert, was ich mitgebracht habe und was ich in den<br />

Text einfügen muss als Illustration, und ich natürlich ihr Können respektiere.<br />

Rolf van Dick: Und als Akademiepräsident, haben Sie da irgendwelche besonderen<br />

Erfahrungen gemacht?<br />

Günter Grass: Das war eine schwierige Erfahrung, ich möchte fast sagen, dass ich damit<br />

gescheitert bin. Es war für mich ungewohnt, diese Akademie, die aus Mitgliedern besteht, die<br />

sich – ein Teil von ihnen – ein bis zweimal im Jahr treffen, und einen festen Mitarbeiterstab,<br />

der damals so etwas 40 - 45 Personen umfasste, die den einzelnen Abteilungen zugeordnet<br />

sind, als Abteilungssekretär etc. und alles Mögliche…und nur die sind ständig da. Ich hatte<br />

mit den Mitglieder eigentlich nur zweimal im Jahr zu tun, aber ständig mit diesen<br />

Mitarbeitern, und die gefielen sich darin, miteinander und gegeneinander zu intrigieren, also<br />

die Intrigengeschichte, die dort innerbetrieblich herrschte, war etwas, womit ich nicht zu<br />

Rande kam. Das hat mich angewidert, es hielt von der Arbeit ab und es forderte mir dann

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