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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Besprechung war, hat der Abteilungsleiter, also die große Spitze, vorgetragen. Allerdings der<br />

Referent, der ihm zugearbeitet hat, der ist auch mitgekommen. Das hat den Vorteil, dass der<br />

Abteilungsleiter nicht Sachen unterschlagen kann, die der Referent ihm gesagt hat und wenn<br />

er sie wegdrängt muss er es erklären, in Anwesenheit aller. Das ist so eine kleine eingebaute<br />

Gegenkontrolle. Und dient der Wahrung des Respektes für den Abteilungsleiter. Also ich<br />

hätte nie beim Auftrag den Abteilungsleiter... – hatten auch Vorgänger von mir, die haben<br />

dann einen Referenten angerufen, beim Abteilungsleiter vorbei, der Referent ist vor Stolz<br />

explodiert, hat das abends in seiner ganzen Familie... Allerdings, der Abteilungsleiter hat’s<br />

auch erfahren. Was dazu führt, dass der Abteilungsleiter sagt: „Mach es doch so, warum soll<br />

ich dich denn vor Fehlern warnen“. So darf es einen nie aussteigen lassen. Du darfst ihn nie<br />

blamieren.<br />

Rolf van Dick: Wie haben Sie das jetzt zum Beispiel als Bundesminister gelernt? Haben Sie<br />

das aus Fehlern gelernt?<br />

Norbert Blüm: Aus Fehlern? Nein, ich musste mir das mühsam anpauken, diese ganzen<br />

Hierarchien. Und da muss man auch manche entstauben, damit das klar ist. Aber es liegt in<br />

diesen Hierarchien eine Klugheit – ein Argumentationssieb. Du musst nur Acht geben, dass<br />

sich da nicht Herrschaftsmodelle aufbauen, die Argumente ausfiltern, nicht mit Argument<br />

sondern per Macht. Und das kannst du verändern, indem Du bei der letzten Stufe immer noch<br />

den zu Wort kommen lässt, von dem es ausgegangen ist. Ist eigentlich ganz einfach, ich habe<br />

das aus keinen Büchern. Nicht mit diesen Planungseliten-Experten zu arbeiten und andere zu<br />

Handlangern zu machen. Wenn einer 30 Jahre Rentenrecht gemacht hat, dann ist der zwar<br />

nicht gefeit gegen Routine und auch möglicherweise in Gefahr vor Einfallslosigkeit, aber es<br />

hat sich auch bei ihm ein Maß von Wissen angebaut, dass Fehler vermeidet. Also ich kenne<br />

welche, die nach mir und auch vor mir, das Ministerium ausgeräumt und mit ihren Freunden<br />

bestückt haben. Ich habe das nur im Notfall gemacht. Und haben dann über Nacht die<br />

Rentenrevolution ausgerufen. Mit so unendlich vielen Fehlern, handwerklichen Fehlern. Du<br />

musst nämlich wissen, dass der Paragraph 73a, seine Entsprechung hat im Sozialgesetzbuch<br />

2, Absatz 5. Das weiß allerdings nur einer, der das 30 Jahre gemacht hat. Den kannst du<br />

nachts, einen Ministerialdirektor Hauck, oder ich brauche auch keinen Namen zu nennen, den<br />

kannst du nachts um 2 Uhr wecken, der hätte gesagt: „Aber Sie müssen Acht geben, in der<br />

Unfallversicherung!“. Nur musst Du eine Mischung herstellen, Mischungen sind immer gut,<br />

zwischen Routine, Erfahrungswissen und den Spontandenkern. Das muss nicht eine<br />

Altersmischung sein, es gibt Junge die sind unendlich verkalkt, es gibt Alte die sind unendlich<br />

jung, aber es hat schon eine gewisse Affinität zum Alter. Erfahrung kannst du halt nicht mit<br />

20 Jahren haben. Was den Platon ja auch zu der verwegenen Idee gebracht hat, dass man für<br />

Staatsämter nicht unter 50 Jahren zugelassen werden sollte, was möglicherweise nicht so<br />

schlecht wird, wenn man sich auch daran erinnern würde, dass vielleicht nicht der beste Weg<br />

in das Parlament von der Universitätsbank wäre. Aber jetzt sind wir schon wieder auf einem<br />

anderen Feld.<br />

Rolf van Dick: Aber Sie haben interessanterweise eine meiner Fragen im Grunde schon<br />

beantwortet. Eine Frage wäre gewesen, kann man gute Führung lernen? Oder wird man so<br />

gemacht? Haben manche Menschen...<br />

Norbert Blüm: Ach eigentlich kann man das auch lernen. Ich mein das könnte man auch<br />

lernen. Aber ich glaube besser als jedes Studium, einen Führer – ich überlege gerade ob das<br />

stimmt – sollten eigentlich die Menschen sympathisch finden. Aber das stimmt nicht so ganz,<br />

es gibt Führer die waren große Menschenverächter und waren auch sehr erfolgreich. Ob das –<br />

jetzt muss ich noch mal über deren Erfolge nachdenken – es waren meist Eroberungserfolge.

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