Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Punkt. Ja, was ich halt versuche, bei allem was ich tue, immer wieder die anderen dazu zu<br />
zwingen, aber auch mich selbst dazu zu zwingen, sich in die Rolle des Gegenübers zu<br />
versetzen. Wie kommt das jetzt an? Wie könnte man das auch verstehen? Das ist, glaube ich,<br />
am Ende die spannendste Frage, ob einem das gelingt oder nicht.<br />
Rolf van Dick:Die nächste Frage wäre was ist effektive Führung? Und wenn Sie sagen Sie<br />
versuchen das auch bei anderen zu vermitteln, wie sieht so etwas ganz konkret aus? Was<br />
machen Sie mit Ihren Abgeordneten, die Sie führen, um ihnen das zu vermitteln und zu<br />
helfen?<br />
Tarek Al-Wazir:Also, zuallererst mal versuche ich ein gewisses Gespür zu haben dafür,<br />
wenn jemand ein Problem hat. Gibt ja Leute - also es ist generell nicht so normal, dass<br />
jemand sagt ich kann das nicht oder ich brauche Hilfe und in der Politik ist es noch mal<br />
weniger. Also, Politiker sollen ja sozusagen im Zweifel allwissend und zu Allem fähig und<br />
ich weiß nicht sein. Insofern versuche ich an bestimmten Punkten mal Nachfragen zu stellen<br />
nach dem Motto „Wo liegt das Problem?“ oder zu sagen „Denk doch mal in die Richtung“<br />
mit Allem was so dazugehört, aber das fängt ganz banal an. Ich bin ja schon sehr lange<br />
Fraktionsvorsitzender.<br />
Rolf van Dick:Sie sind ja auch extrem jung schon Fraktionsvorsitzender geworden.<br />
Tarek Al-Wazir:Ich bin mit 29 Fraktionsvorsitzender geworden. Damals hatten wir die<br />
verrückte Situation, dass es weder unter den Abgeordneten noch unter den Mitarbeitern<br />
irgendjemanden gab, der jünger war als ich. Da sehen Sie schon, dass das immer ein<br />
Aushandlungsprozess war. Einerseits die Rolle auszufüllen und andererseits nicht eine<br />
Situation zu kriegen, dass die sagen was will der denn eigentlich. Aber zum Beispiel in der<br />
Zeit, als wir dann neue Abgeordnete in die Fraktion bekommen haben, habe ich es immer so<br />
gehalten, dass ich von Anfang an darauf geachtet habe, dass die spätestens in der zweiten<br />
Plenarwoche des Landtags sprechen. Also, wir haben darauf geachtet als Fraktionsführung,<br />
dass die sofort einen Redebeitrag bekommen, damit sich gar nicht erst ein, sozusagen eine<br />
große Angst vor dem Rednerpult einstellt. Und so fängt man an. Also man denkt dann quasi<br />
auch in der Mitte der Periode bei der Frage Nachrückerin Platz 21 selbst da immer daran<br />
„Achtung, wie kriegen wir das jetzt hin, dass die eine Rede hält?“, damit sie gar nicht erst<br />
Angst davor bekommt.<br />
Rolf van Dick:Darf ich noch mal zurück auf das Alter? Ich habe nämlich gerade zufällig<br />
gelesen eine Studie, die gezeigt hat, jüngere Führungskräfte sollten und dürfen ruhig autoritär<br />
sein, weil jüngere Führungskräfte eher akzeptiert werden, wenn Sie sozusagen selbstbewusst<br />
auftreten und auch mal autoritär sagen „So geht’s lang“ während man dann mit dem Alter<br />
eher erwartet, dass man partizipativ ist und die Leute um ihre Meinung und Rat bittet. Können<br />
Sie das unterschreiben, war das bei Ihnen auch so, oder…?<br />
Tarek Al-Wazir: Ja und nein. Bei mir kommt noch ein drittes Problem, in<br />
Anführungszeichen, dazu: Ich bin ja Vorsitzender in einer Partei, die gar keine Vorsitzenden<br />
will. Also als die Grünen sich 1980 gegründet haben, war dieses schöne Wort<br />
basisdemokratisch einer der vier Grundpfeiler und ich muss manchmal grinsen, wenn ich die<br />
Verrenkungen der Piraten sehe, weil das kennen wir alles und deswegen wundert es mich<br />
auch nicht, dass es nicht funktioniert.<br />
Rolf van Dick:Sie haben es ja auch teilweise abgeschafft, z.B. das Rotationsprinzip....