Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Albert Speer: Also ich bin der Überzeugung, dass Führung außerordentlich wichtig ist. Aber<br />
nicht Führung verstanden als eine Befehlsgewalt, die von oben herunter irgendetwas vorgibt,<br />
sondern Führung auf der einen Seite als Vorbild, auf der anderen Seite als jemand, der offen<br />
ist für Anregungen von unterschiedlichsten Leuten. Und der großen Wert darauf legt, dass<br />
Probleme und auch Führung ein Lebensstil ist. Für mich ist das Berufliche und das Private da<br />
fast nicht zu trennen. Das Berufliche überwiegt bei Weitem. Ich glaube, dass das sehr wichtig<br />
ist und das jeder da – ‚seinen persönlichen Stil‘ ist ein bisschen übertrieben – aber das<br />
Umgehen mit den Mitarbeitern und das Umgehen mit Auftraggebern individuell versucht zu<br />
organisieren.<br />
Rolf van Dick: Haben Sie ein konkretes Beispiel, wie Sie versuchen das hier zu leben, als<br />
Chef?<br />
Albert Speer: Also, das hat sich natürlich im Laufe von 47 Jahren auch radikal geändert. Das<br />
liegt an den Medien, das liegt an den technischen Möglichkeiten heute, ich gehöre zu einer<br />
Generation, die nach wie vor nicht mit Computern umgehen kann und ich habe auch kein<br />
Handy – es funktioniert bestens, auch so. Manchmal bedauert man es, dass man keins hat –<br />
das ist natürlich auch klar. Aber ich bin auch ständig erreichbar für meine Leute, so ist es<br />
nicht. Das hat sich natürlich also völlig geändert, und wenn ich mein Leben betrachte, dann<br />
war das am Anfang natürlich weniger Führung als ‚selber machen‘. Also, die ganzen großen<br />
Wettbewerbserfolge, die habe ich zum großen Teil selber konzipiert, selbstverständlich<br />
damals auch schon mit einem sehr, sehr kleinen Team, und gezeichnet. Seit über 10 Jahren<br />
hab ich keinen Griffel mehr in die Hand genommen, ich rede nur noch. Der Stil hat sich also<br />
wesentlich geändert, über die völlig anderen Möglichkeiten der Kommunikation.<br />
Rolf van Dick: Wenn Sie sagen, Vorbild sein ist eine ganz wichtige Eigenschaft – ich kann<br />
mir vorstellen, so wie Sie gerade sagten, am Anfang war das, selbst hart zu arbeiten und damit<br />
dem Team zu zeigen… Was machen Sie jetzt, um im großen Team ein Vorbild zu sein?<br />
Albert Speer: Es ist natürlich auch so, dass jeder von uns in die Jahre kommt, und eines was<br />
ich auch unter Führung oder guter Führung verstehe, ist dass man der nächsten Generation<br />
möglichst früh eine Chance gibt und dass man die nächste Generation in die Führung mit<br />
einbezieht. Das ist mir sehr gut gelungen – ob das jetzt allein mein Verdienst ist wage ich sehr<br />
stark zu bezweifeln, aber ich war ja 25 Jahre Hochschullehrer in Kaiserslautern an der<br />
Universität, und da kann man sich seine Leute natürlich auch aussuchen und mit ausbilden.<br />
Dieses habe ich genutzt und ein großer Teil meiner inzwischen acht Partner hier haben auch<br />
einmal bei mir studiert oder eine Doktorarbeit gemacht oder waren Assistenten oder HiWis.<br />
Ich habe in den letzten 15 Jahren schon sehr systematisch diese Generation in die<br />
Führungsposition gebracht, was auch bedeutet – was viele meiner Kollegen nicht können –<br />
dass man auch mal nicht alles weiß, dass man sich aus Sachen auch heraushält, von denen<br />
man genau spürt ‚das geht wahrscheinlich nicht ganz so gut‘, so dass heute eine Situation da<br />
ist, wo ich als eine Art – auch wieder ein bisschen übertrieben – ‚Elder Statesman‘ überall<br />
mitreden kann, aber eigentlich keine tägliche Verantwortung mehr habe. Sondern dass alles<br />
was mit Personal zu tun hat, alles was mit Geld zu tun hat, was mit Terminplänen, Verträgen<br />
zu tun hat, das macht alles die Geschäftsführung und Partner. Wenn die mich brauchen, bei<br />
irgendwelchen schwierigen Aufgaben oder Vorstellungsterminen, dann bin ich dabei. Es gibt<br />
auch Bereiche, in denen ich ein persönliches Interesse habe, richtig mit dabei zu sein. Da ist<br />
meine Rolle dann auch die eines Beraters. Es ist die Rolle von jemandem, der diskutiert,<br />
Ideen einbringt, die vielleicht auch nicht umgesetzt werden. Es gibt immer wieder Beispiele<br />
wo ich dann auch – und das ist auch ein Teil von Führung – eine gewisse Sturheit entwickle