Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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und ich wäre dann wahrscheinlich von außen verzweifelt, wenn ich gesehen hätte, wie einige<br />
Leute ihr Potential nicht nutzen. Und auf Dauer ist dann- Stichwort „Man kann niemanden<br />
zum Jagen tragen“- auch die Möglichkeit der Führungskraft, des Trainers, begrenzt. Ich gebe<br />
mal ein Beispiel aus dem Sport, ganz banal: Das gehört immer dazu in jungen Jahren zieht<br />
man um die Ecken, so wie das Studenten machen, machen Sportler das auch- vielleicht nicht<br />
ganz so intensiv- aber wenn man dann bis zwei, drei Uhr unterwegs ist und sonntags um acht<br />
Uhr morgens ist Training. Mit vier Stunden Schlaf ist das nicht so angenehm, aber da muss<br />
man dann auch mal durch. Das ist dann so, das kann man nicht befehlen. Da kann man nur<br />
verdeutlichen, und das funktioniert auf der rationalen Ebene übrigens nicht. Zu verdeutlichen,<br />
dass das wichtig ist, rein faktisch für Trainingsergebnisse, für das Leistungspotential. Das<br />
funktioniert nicht auf Dauer. Das funktioniert vielleicht einmal; das ist das<br />
Pflichtbewusstsein, aber das ist für mich jetzt wichtig. Es gibt da Grenzen der Führung.<br />
Rolf van Dick:Grenzen der Führung, das ist meine vorletzte Frage schon: Warum geht<br />
Führung eigentlich so oft schief? Sie haben eigentlich schon viel darüber geredet, dass eben<br />
Menschen nicht aufgrund ihrer Führungskompetenz in Führungspositionen kommen, aber<br />
manchmal geht ja Führung auch da schief, wo man eigentlich denkt: Der sollte das können!<br />
Sie haben ja auch, ich glaube, in der Verbandspolitik im Sport relativ schnell dann nicht mehr<br />
mitmachen wollen. Wie kommt so was, woran liegt das?<br />
Michael Groß: Nee, Verbandspolitik im Sport hat mit Führung ja jetzt nicht so viel zu tun.<br />
Rolf van Dick:Naja, theoretisch brauch ich ja auch Führungskräfte, die das gut organisieren,<br />
andere mitziehen...<br />
Michael Groß: Ja, nur Sport eben, ist ja, das muss man eben wissen, dezentral organisiert.<br />
Das heißt, es ist ja nicht so, dass ein Präsident von einem Sportverband den Landesverbänden<br />
etwas sagen kann. Sondern es geht ja von unten nach oben. Das heißt die<br />
Spitzensportorganisationen werden von unten gespeist, nach dem Subsdidaritätsprinzip und<br />
nicht wie in Unternehmen, dass man top down bestimmte Sachen einfach durchführen kann.<br />
Deswegen ist das machtpolitisch getrieben und man versucht eben über Mehrheiten zu<br />
agieren- man muss Mehrheiten finden. Wenn man Mehrheiten findet, sodass kaskadenartig<br />
Dinge nach unten hin realisiert werden können. Man hat aber eben keinen Durchgriff, aber<br />
das ist wichtig im Sportsystem in Deutschland. Aber deswegen ist das keine klassische<br />
Führungskraft. Führung geht schief meistens, wenn man beispielsweise nicht schafft, wie ich<br />
vorhin schon sagte, die beiden Ebenen strategische und situative Führung in einem<br />
permanenten Wechselspiel auszutarieren. Weil, was nutzt einem eine brillante strategische<br />
Führung mit allen Instrumenten, wenn man niemanden dazu hat. Wenn man dann plötzlich in<br />
eine Krisensituation kommt, vollkommen fahrig und hektisch wird und man gar nicht mehr<br />
weiß, was man tun soll, weil ursprüngliche Planungen nicht durchgehalten werden können.<br />
So, dann scheitert beispielsweise Führung, weil dann die Mitarbeiter plötzlich denken: Sag<br />
mal, hat der den Schuss nicht gehört? Wir brauchen jetzt einfach mal in dieser konkreten<br />
Situation Unterstützung, Entscheidung. Es gibt also viele Führungskräfte, die können brillant<br />
strategische Führung gestalten, mit Vorläufen etc., aber dann spontan zu sagen: Das machen<br />
wir jetzt! – sind sie plötzlich überfordert. Umgekehrt gibt es Leute, die sind brillant darin,<br />
immer wieder neu, immer wieder tagesaktuell ihre Leute auf den Topf zu setzten- um es mal<br />
doof zu sagen- aber wirklich zu sagen: Jetzt marschieren wir in die Richtung und morgen<br />
dann so. Strategisch aber hoffnungslos. Da haben die keinen Blick für.