Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Rolf van Dick: Aber fast zwölf Jahre lang Fraktionsvorsitzender, oder?<br />
Daniel Cohn-Bendit: Ja, Fraktionsvorsitzender. Eine lange Zeit.<br />
Rolf van Dick: Und als Fraktionsvorsitzender haben Sie selber natürlich auch<br />
Führungsaufgaben…<br />
Daniel Cohn-Bendit: …Ja, ich bin auch Personalchef.<br />
Rolf van Dick: Der diese Allianz aus den…<br />
Daniel Cohn-Bendit: …Ich bin Personal-… Wir haben ja die, die jetzige Fraktion besteht aus<br />
56 Abgeordneten in Verbindung auch mit den Regionalisten und wir haben 120 Mitarbeiter.<br />
Rolf van Dick: Referenten, …<br />
Daniel Cohn-Bendit: …Referenten und so weiter und ich bin Personalchef für diese 120<br />
Mitarbeiter. Nicht berechnet sind die persönlichen Assistenten der Abgeordneten, die sind<br />
direkt… werden direkt unterworfen den jeweiligen Abgeordneten, aber ich bin der<br />
Personalchef für die 120.<br />
Rolf van Dick: Die erste Frage, die ich immer stelle, ist, ob wir überhaupt Führung brauchen.<br />
Bei Ihnen könnte ich jetzt vielleicht schön anfangen als Sie 1968 als ganz junger Mensch in<br />
Frankreich auf die Straße gingen, dann sich in Deutschland hier in Frankfurt engagiert haben.<br />
Hätten Sie gedacht, dass Sie einmal so ein Amt ausführen werden? Dass Sie mal Personalchef<br />
für ein sag ich mal mittelgroßes Unternehmen mit 150 Mitarbeitern werden?<br />
Daniel Cohn-Bendit: Sicherlich nicht, aber, ja, ich wollte… Das ist ja auch, mit dem sich in<br />
die Zukunft projizieren ist das so eine Sache. ´66 als ich Abitur gemacht habe, wollte ich<br />
anfangen Mathematik zu studieren und dann Soziologie, um dann Bildungsforscher zu<br />
werden. Ja, also da hatte ich auch gedacht ich werde Bildungsforscher und dann… Nach ´68<br />
habe ich überhaupt nicht gedacht was ich werden wollte. Ich war, ja, auf einer Wolke und auf<br />
einer Wolke ist man alles und nichts und dann war die… Dann die Entwicklung meines<br />
Lebens: Dann war ich Herausgeber einer Zeitung, da war ich auch „Chef“. Also es hat sich so<br />
einfach entwickelt, wie das eben so ist.<br />
Rolf van Dick: Und Ihre persönliche Führung, Ihr Führungsstil wie Sie mit anderen<br />
Menschen umgehen, die formal Ihnen zugeordnet sind, hat sich das auch geändert?<br />
Daniel Cohn-Bendit: Also, es ist, sagen wir es ist so - gut das ist wahrscheinlich bei mir ein<br />
bisschen speziell - also, als ich… Ich habe immer oder ich sage immer ich war ´68<br />
Sprachrohr. Ich war auch einer der Sprachrohre der Sponti-Bewegung. Ich glaube… Also, am<br />
besten könnte man das beschreiben… Es gibt ein Buch von – und jetzt kommt Alzheimer, ich<br />
vergesse immer den Name – jetzt, der ist… „Die Gesellschaften ohne Staat“. Das ist eine<br />
Untersuchung eines Ethnologen - verdammt noch mal, es kommt, aber ist egal. Der beschreibt<br />
Gesellschaften, die im Grunde genommen Menschen Führungspositionen zuordnen, die<br />
etwas, die eine bestimmte Sache können: Zum Jagen ist der beste Jäger, zum Organisieren des<br />
Dorfes ist die Zuständige, fürs Kochen ist es eine Frau und so weiter. Und ich glaube, wenn<br />
Sie dann die Bewegung, in der ich war, am Anfang als Stamm verstehen war ich derjenige,<br />
der am besten im Grunde genommen bestimmte Gefühle und politische Positionen<br />
artikulieren konnte. Und ich habe im Grunde genommen das ausgesprochen, was viele