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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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gesprochen, von einem eher christlich geprägten Menschenbild ausgeht, dann ergibt sich da<br />

von ganz alleine ein Führungsstil, der Austausch und Kooperation und Verständnis eher sucht<br />

als die Durchsetzung einer Stellung, würde ich es mal so sagen.<br />

Rolf van Dick: Was heißt das konkret? Also können Sie sich erinnern, wie Sie jetzt als<br />

Oberleutnant und vielleicht Zugführer mit Ihren Soldaten konkret umgegangen sind? Also<br />

sind Sie durch die Stuben gegangen und haben sich nach dem persönlichen Befinden der<br />

Soldaten erkundigt oder…?<br />

Wolfgang Schneiderhan: Ja, das glaube ich schon. Also erstens war das eine ganz gute<br />

Auflage, die wir hatten, da wurden wir auch noch geprüft. Wir mussten, Zugbücher hieß das,<br />

wo die drinstanden, die Namen derer, die einem da anvertraut sind und da musste man wissen,<br />

ob die verheiratet sind, ob die eine Freundin haben, schwierige persönliche Verhältnisse und<br />

ich hatte Kommandeure, die mich sehr geprägt haben in meiner Anfangszeit, die auch geprüft<br />

haben, ob ich da Bescheid weiß, ja und die mein Zugbuch angeguckt haben und ob ich weiß,<br />

dass der Gefreite Müller da ein Halbwaise ist, um ein Beispiel jetzt zu machen, das mir<br />

spontan da durch den Kopf geht. Also dieser individuelle und ja auf das Individuum bezogene<br />

Führungsstil, der hat mich eigentlich so am Anfang, ich bin ´66 ja zur Bundeswehr, der hat<br />

uns schon sehr stark geprägt. Da gab es dann viele Streitigkeiten in der Führungslehre, wie<br />

weit der gehen darf, wo autoritäre Führungsstile den kooperativen eher ablösen muss und so<br />

weiter. Aber ich glaube, wir haben mit dem Prinzip der inneren Führung schon eine<br />

Philosophie entwickelt, die auch belastungsfähig ist, die auch in Belastungen noch Gültigkeit<br />

hat, außer vielleicht in extremsten Gefahrensituationen, die ich selber nicht erleben musste.<br />

Das ist heute anders. Da gibt es Vorgesetzte, die haben die für sich erlebt oder sie waren mit<br />

anvertrauten Soldaten gemeinsam in solchen Grenzsituationen, über die ich, die kann ich nur<br />

theoretisieren. Also da kann ich aus eigener Erfahrung kaum etwas dazu beitragen. Aber man,<br />

den Führungsstil, den wir auch von oben sozusagen befohlen kriegten war schon, dass man<br />

mit den Leuten redet, den Menschen redet, das Leuten ist jetzt ein bisschen dialektgefärbt.<br />

Wurde mir schon mal vorgeworfen, dass ich gesagt habe „mit den Leuten reden“. Also ich<br />

meine die anvertrauten Menschen, sich ein bisschen auskennt bei denen und eben auch<br />

versucht herauszufinden, wo haben die ihre Grenzen, Belastbarkeit, wie sind sie intellektuell<br />

aufgestellt, wie kommt man an sie ran, wie kommt man da hin. Nicht nur in den Kopf,<br />

sondern auch in den Bereich der Gefühlslage, so meinte ich das. Das war natürlich weiter<br />

unten als Kompaniechef, ja, war das noch zupackend möglich. Später wird man ja anonymer<br />

in der Führung. Und als Generalinspekteur, ich als Generalinspekteur, ich hatte ja eigentlich<br />

gar niemanden, der mir unterstellt war, aufgrund der Historie hat man ja, bis vor ganz kurzer<br />

Zeit waren dem Generalinspekteur ja gar keine Soldaten unterstellt, die Unterstellung war ja<br />

bei den Inspekteuren der Teilstreitkräfte angesiedelt. Ich hätte nicht mal meinen eigenen<br />

Adjutanten bestrafen können, das hätte ich an den Minister abgeben müssen, damit sich nicht<br />

wiederholt, was im Dritten Reich und in der Wehrmacht schiefgelaufen ist. Und insofern wird<br />

es immer theoretischer mit dem Führen und mit den Menschen umgehen. Aber trotzdem trifft<br />

man im Ministerium auf den Fluren gelegentlich immer auch niedrige Dienstgrade und da<br />

kann man an denen sorgenvoll vorbeigehen, beschäftigt mit der großen Weltpolitik, oder man<br />

kann sie vielleicht auch fragen „Wie geht’s Ihnen überhaupt? Seit wann sind Sie bei uns?“<br />

oder was man da macht, um zu zeigen, dass man gemeinsam einem Ziel zugeordnet arbeitet,<br />

nicht.<br />

Rolf van Dick: Und das haben Sie gemacht?<br />

Wolfgang Schneiderhan: Also ich denke schon, dass ich mich bemüht habe, das zu machen<br />

im Rahmen meiner Möglichkeiten. Da gibt es ja viele Gelegenheiten, ob das die

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