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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Führungshilfen? Sonst müsste ich an jeder Straßenkreuzung erst einmal eine Konvention<br />

herstellen, wer jetzt Vorfahrt hat. Wir würden sehr viel Zeit verlieren. Ich meine, dass mit der<br />

Führung ist, behaupte ich, wie mit den Hosenträgern. Ohne Hosenträger muss ich meine Hose<br />

festhalten, mit Hosenträger werden meine Hände frei für wichtigeres. Und so kann mich<br />

Führung entlasten für die wichtigen Fragen, die wir dann entscheiden müssen – zusammen,<br />

möglicherweise unter Anleitung. Ich hab eine Führungserfahrung, die stammt nicht aus den<br />

Bereichen, die Sie genannt haben. Die stammt aus meiner alten Pfadfinderzeit. Ich war, wie<br />

das damals noch hieß, Stammesführer, ganz martialisch. Und eine meiner elementaren<br />

Führungserfahrungen: Wir hatten eine Expedition quer durch Island – acht Pfandfinder. Also<br />

das letzte an Härte, sie ist auch gescheitert, um es gleich vorweg zu sagen. Zu meiner wirklich<br />

elementaren Führungserfahrung gehört, dies Scheitern zuzugeben. Nämlich zu wissen, es geht<br />

nicht, wir werden das Ziel nicht erreichen, wir müssen umdrehen. Das haben wir drei Tage<br />

vor dem Umdrehen schon gewusst. Und der Führer Norbert Blüm, war zu feige zu sagen, wir<br />

schaffen es nicht. Denn einerseits muss er durchhalten, er muss erstens derjenige sein der am<br />

härtesten ist, der am wenigsten schläft. Aber andererseits muss er auch derjenige sein, der sagt<br />

„Jungs, es ist vergebens“. Und im Nachhinein muss ich sagen, war der Führer Norbert Blüm<br />

ein Feigling. Der hatte sehnsüchtig gewartet, bis einer sagt, „Wir schaffen es nicht mehr“.<br />

Weil der Führer, Pfadfinderführer Norbert Blüm, die Vorstellung hat, der Führer muss der<br />

sein, der als letzter vom Schiff geht, wie der Kapitän, der der Härteste ist, der ist<br />

rücksichtslos, der ist gegen sich, weil es ihm die Legitimation schafft auch andere Ansichten<br />

zu haben. - Ist ein Fehler, ist ein absoluter Fehler, es war nicht Charakterstärke, es war<br />

Feigheit. Und daraus habe ich gelernt, der Führer muss sich nicht einbilden er wäre der<br />

Stärkste, Klügste, Beste. Und das hat mir sehr viel geholfen später. Beispielsweise im<br />

Arbeitsministerium. Die alte Hierarchie ist, der Minister ist derjenige der alles weiß. Was<br />

dazu führt, dass er nicht alles erfährt. Ich habe mich dümmer gestellt, als ich bin, bei<br />

Referentenstellen. Du musst die Demut haben, dich dumm zu stellen. Nicht nur dumm zu<br />

stellen, ich bin auch dümmer als die Fachleute. Aber was soll eigentlich dieses Gehabe? Und<br />

meine größte, behaupte ich, Führungsbegabung: die allgemeine Dummheit zu entlasten. Denn<br />

wenn ich jemandem sage, „ich habe es nicht verstanden“, ganz einfacher Trick, „können sie<br />

es noch mal erklären“, beginnt selbst der zu schwimmen. Nicht aus Böswilligkeit, aber die<br />

Führung lockt viel mehr Kreativität, Aktivität, Spontaneität, wenn der Führer nicht der<br />

Besserwisser ist. Wenn er nicht dem Missverständnis erlegen ist, der Führer müsste in allen<br />

Belangen der Beste sein. Muss er nicht. Es muss derjenige sein, der die Gemeinschaft die er<br />

führen soll, zu ihren Höchstleistungen bringt. Dazu muss er möglicherweise sich überholen<br />

lassen oder bereit sein sich überholen zu lassen. Es hat im Übrigen in anders lautenden<br />

Meldungen meiner Autorität nicht geschadet, nicht alles, im Gegenteil... Ich hatte noch so ein<br />

paar Tricks drauf. Ich war als „Opelaner“ ein Verächter dieser Beamtenhierarchie. Alle<br />

Vorurteile was gegen diese „Stuhlfurzer“ oder wie wir Proleten das genannt haben,<br />

„Schreibtischhengste“, sehr verinnerlicht. Und diese Hierarchie, das jeder da sein Häkchen<br />

macht, in rot sticht blau, blau sticht schwarz, darüber habe ich meinen Spott ausgegossen. Es<br />

ist mir im Nachhinein klar, dass da eine große Weisheit drin ist. Das nämlich jeder für das<br />

was er da als Vorlage liefert, verantwortlich ist. Das er identifizierbar ist und das er dafür<br />

gerade stehen muss. Und das in diesem Sieb, dass da eine Aktenlage über sechs<br />

Hierarchiestufen, sehr viel Verantwortungsdelegation ist. Und wer da eine Korrektur<br />

vornimmt, muss dafür gerade stehen. Jetzt komme ich zu meinem Trick, erst einmal den<br />

Vorspann: Verachtet diese Stufen nicht! Ich hatte einen Vorgänger, ich brauche ihn jetzt nicht<br />

zu nennen, der hat die Stufen nicht so ernst genommen, das war damals wie heute eine<br />

Planungsgruppe. Die Elite des Ministeriums. Die hat für alle Abteilungen gedacht, was dazu<br />

geführt hat, dass die Abteilung sagt „Macht’s mal. Wenn ihr alles wisst, dann macht’s mal“.<br />

Also das Ministerium hat die Jungs ausgehungert. Ich habe von diesen Planungsgremien<br />

nichts gehalten. Allerdings, jetzt kommt mein kleiner Trick: Wenn denn die abschließende

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