Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Kindern. Ein Drittel zahl ich die Schulden bei meinen Eltern ab. Und ein Drittel…“ – Nun<br />
kann das mit der Demographie sich etwas verschieben, aber es bleibt immer bei dieser<br />
Dreiteilung. Die Anteile der Einzelnen hängen von der Kohorte ab. Und daran wird keine<br />
noch so intelligente Rentenformel dran vorbeikommen. Es zahlen die… Und keine<br />
Kapitaldeckung setzt dieses… Die reden den Jungen ein, auch politisch, Selbstvorsorge. Die<br />
Selbstvorsorge ist nur soviel wert, wie sie nachträglich umgesetzt werden kann in Solidarität,<br />
sonst ist die ein Haufen Scheiße. Und zu glauben, dass die Länder der Dritten Welt mit<br />
unserem Kapital die Zinsen erwirtschaften mit denen wir unsere Alten bezahlen, das halte ich<br />
eigentlich für eine verwegene Kalkulation mit der Dummheit dieser Dritten Welt. Das ist<br />
relativ unwahrscheinlich. Also immer müssen die Starken die Schwachen. Und da wird<br />
niemand über den Tisch gezogen und Umverteilungsangst und so… Es ist nämlich jeder<br />
irgendwann schwach. Ich kenne keinen, der… Ich habe immer einen Spott ausgegossen über<br />
diesen Junge Liberalen – Spruch „Jede Generation sorgt für sich selber“. Ich habe noch kein<br />
Baby sich selbst wickeln sehen. Von der Wiege bis zur Bahre – und vielleicht ist das sogar<br />
das Schönste was wir haben, das ist nämlich die Grundlage von Liebe. Oder, andere Sachen<br />
die wahrscheinlich auch immer gelten werden: „Du sollst nicht mehr ausgeben als du<br />
eingenommen hast.“<br />
Rolf van Dick: Sie meinen sozusagen diese erst einmal altmodischen Werte, die aber…<br />
Norbert Blüm: Faustregeln!<br />
Rolf van Dick: …die aber…<br />
Norbert Blüm: Überlebenswichtig! Ich meine, was da mit der Schuldenkrise, ja das ist eine<br />
Krise in der wir mehr ausgeben, als wir erwirtschaftet haben. Wir leben auf Vorschuss. Und<br />
das ist Zeitklau. Ich meine, Zins nehmen war im Mittelalter deswegen verboten, so blöd<br />
waren die ja auch nicht im Mittelalter, weil die gesagt haben, das ist mit Zeit spielen. Ich<br />
klaue Zeit mit Kredit. Ich lebe mit einem Zeitvorrat, der erst kommt. Und das ist Gott – Zeit<br />
ist in Gottes Hand. Das hört sich spinnert an, ist aber so spinnert nicht. Nun bin ich ja nicht<br />
gegen jeden Kredit. Aber ich… Diese Schuldenwirtschaft, da muss ja auch einer gewinnen.<br />
Ich meine, das kann ja nicht nur Verlierer geben. Ich kann Ihnen sagen, wer die Gewinner<br />
sind: Die Geldhaie! Wegen Missachtung eines uralten Grundsatzes: Du kannst nicht, meine<br />
Großmutter hätte gesagt, über die Verhältnisse leben. Oder Adam Smith, einer der großen<br />
marktwirtschaftlichen Theoretiker, „Die Quelle des Wohlstands der Völker ist die Arbeit“.<br />
Das ist zu guter Letzt die Arbeit, die Werte schafft. Alles andere sind nur Vehikel auf einem<br />
Stellwerk, auf dem die Züge nur fahren wenn gearbeitet wird. Das sind eigentlich fast banale<br />
Ansichten, die uns – dafür hat der Volksmund ja auch einen Spruch: „Du siehst vor lauter<br />
Bäumen den Wald nicht mehr“. Wir sehen den Wald der einfachen Wahrheiten nicht mehr,<br />
weil es Komplikateure gibt, die von den Komplikationen leben. Und wenn ich die großen,<br />
bewunderten philosophischen Führer, um da von Führern zu reden - den Sokrates, einfacher<br />
geht es eigentlich nicht mehr, banaler geht es nicht mehr, wie der die Welt erklärt. Mit<br />
Beispielen von Schustern, der hat eigentlich nichts von der raunenden Heideckerschen<br />
Philosophie, das ist die Philosophie eines Steinmetz-Sohnes. Ganz einfache Wahrheiten, mit<br />
denen erklärt der Platon die Ideenwelt! Mit Höhlen und so Sachen. Ja.<br />
Rolf van Dick: Herr Blüm, ich danke Ihnen ganz herzlich.