Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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ich, ich bin so etwas wie der Bundeskanzler und mein Chefdirigent ist vielleicht der<br />
Außenminister und so kann man eigentlich die ganze Regierung hier abbilden. Wir sind aber<br />
nicht so groß, wie die ganze Welt – wir haben die Chance, bei vielleicht 500 bis 600<br />
Mitarbeitern der Oper, vielleicht über 1000, wenn man die Städtischen Bühnen insgesamt<br />
nimmt – es ist noch überschaubar. Wir haben die Chance, zu zeigen, dass 'schwul oder nicht<br />
schwul' egal ist. Dass die Hautfarbe egal ist, dass die Religion egal ist, dass die Leidenschaft<br />
wichtig ist, zusammen etwas zu machen, natürlich für eine selbst, aber in erster Linie für ein<br />
Publikum. Und das versuche ich immer mal wieder ins Bewusstsein zu rufen und ich glaube<br />
den meisten Mitarbeitern ist das auch klar.<br />
Rolf van Dick: Mir fällt gerade ein, was jetzt das Thema Hautfarbe angeht, hat der DFB das<br />
natürlich auch versucht, mit den Werbemaßnahmen der Nationalmannschaft, die<br />
wissenschaftlich gesehen nicht so eindeutig positive Effekte haben. Aber worauf ich hinaus<br />
will, der Fußballer hat natürlich ein größeres Publikum. D.h. wie sehen Sie Ihre<br />
Möglichkeiten, mit guter Führung und dann auch guter Produktion, guter Arbeit, guten<br />
Aufführungen, ein großes Publikumzu überzeugen, dass das so ist?<br />
Bernd Loebe: Ich glaube, wenn wir auf das Jahr gesehen ca. 100000 Zuschauer haben, dann<br />
können Sie natürlich sagen, dass das Waldstadion oder die jetzige Commerzbank-Arena, die<br />
kommt auf so eine Zahl mit fünf Spielen. Es geht da aber auch ein bisschen um die Qualität<br />
des Publikums, glaube ich, und über die Art, wie Meinung transportiert wird in einer Stadt.<br />
Denn es ist ja so, wenn wir eine guter Premiere rausbringen, dann geht das wie ein Lauffeuer<br />
durch die Stadt, und selbst Menschen, die uns nicht besuchen, wissen darüber, dass es uns<br />
gibt und wissen, wofür wir stehen. Also ich glaube schon, dass ein gewisser<br />
Multiplikationseffekt da eintritt. Was mit besonders gefällt in diesen Jahren in Frankfurt,<br />
vielleicht bin ich sogar ein bisschen stolz darauf, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, dass<br />
entstanden ist zwischen dem Opernhaus und seinem Publikum, kann man sagen. Dieses<br />
Publikum ist kein Frankfurter Publikum. Wir wissen ja, dass über 60 % unseres Publikums<br />
von außerhalb kommt. Es ist ein Publikum mit Einzugsgebiet – man kann sagen bis 100 km in<br />
alle Richtungen. Ich sehe uns wie eine Spinne mit den Fäden, ich will nicht sagen, wir fressen<br />
unsere Opfer, aber die Oper Frankfurt hat sich unglaublich etabliert in den letzten Jahren als<br />
ein Hort der Gemeinsamkeiten, dort, wo man seine Interessen gemeinsam pflegt. Der Moment<br />
der Gemeinsamkeit ist sehr wichtig. Man könnte ja auch zu Hause bleiben und sich eine CD<br />
auflegen oder eine DVD anschauen. Man unternimmt heutzutage – deshalb ist das Thema<br />
Kultur noch lange nicht abgewirtschaftet – man unternimmt Anstrengungen, um an einem Ort<br />
mit anderen Zusammen etwas zu erleben. Und das haben wir doch sehr gefördert bei einer<br />
Auslastung, die momentan bei etwa 88% liegt, bei nur ausverkauften Vorstellungen jetzt im<br />
letzten Monat, können wir nicht so viel falsch gemacht haben. Also ich glaube schon, in der<br />
Zeit, wo es heißt, jeder denkt nur für sich, jeder denkt nur an seinen eigenen Vorteil,<br />
Ellbogengesellschaft, schnell mit dem Studium fertig werden, schnell in irgendeinen Job rein<br />
– in einer Zeit, wo man diese Anstrengungen unternimmt, um das Gegenteil eigentlich<br />
darzustellen, zusammen mit anderen Leuten etwas zu machen, etwas zu teilen quasi, da kann<br />
die Kultur sehr wichtig sein in unserer Gesellschaft.<br />
Rolf van Dick: Wir waren vorhin beim Thema Führung, was ist sozusagen gute Führung.<br />
Was daran anschließt, glauben sie, dass man das lernen kann? Haben sie gelernt sozusagen<br />
ein vernünftiger Intendant zu werden oder bringt man das mit?<br />
Bernd Loebe: Ich bin ja eigentlich eine verkrachte Existenz, wenn man es auf den Punkt<br />
bringt. Ich war ein frustrierter Jura -Student, ich wusste, dass die Berufe, die Sie vorhin<br />
erwähnt haben, mir keine große Freude machen werden. Ich saß von meinem 16. Lebensjahr