Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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herzuziehen, sozusagen am Nasenring durch die Arena, sondern es hat ganz viel mit<br />
Überzeugungskraft zu tun. Ich fand da ein schönes Beispiel, auch wieder in Abgrenzung jetzt<br />
zu einem ehemaligen Kollegen aus der CDU, dass die Hessische Union vor wenigen Wochen<br />
auf einem kleinen Parteitag ein Weisungsrecht des Generalsekretärs an seine Kreisverbände<br />
verankern wollte. Das ist so ein Beispiel, wo ich denke, das ist genau die Führungskultur, die<br />
würde bei uns nie funktionieren und es ist gut, dass sie nie funktionieren würde, weil es eben<br />
darauf ankommt die Partei mitzunehmen und in einer demokratischen Struktur wie in einer<br />
Partei, was sich ja unterscheidet von einem Unternehmen, ist es einfach wichtig sich diese<br />
Führung, nicht nur alle zwei Jahre wieder gewählt zu werden, sondern sich diese Führung<br />
auch täglich durch Handeln, diese Autorität sozusagen wieder zu verschaffen und das ist im<br />
Moment bei uns auf Bundesebene eben auch so ein bisschen das Problem. Das sehen wir an<br />
der Debatte über Spitzenkandidatur zum Beispiel.<br />
Rolf van Dick: Die letzte Frage ist die Frage nach Vertrauen und Werten. Vertrauen ist jetzt<br />
vielleicht schon ein Beispiel für einen Wert. Welche Rolle spielt das in Parteien?<br />
Kai Klose: Eine sehr, sehr große. Meine Erfahrung ist, dass die Wertefrage sogar die<br />
entscheidende ist. Ich glaube, dass Wählerinnen und Wähler Parteien nicht in erster Linie<br />
wählen, weil sie ein spezifisches Thema gerade besonders interessiert, sondern grundlegend<br />
für die Identifikation mit Parteien ist die Frage „Bildet diese Partei am ehesten die Werte ab,<br />
mit denen ich mich auch identifizieren kann?“.<br />
Rolf van Dick: Aber ist das nicht unheimlich schwierig? Also, gerade wenn ich mir zum<br />
Beispiel die Grünen anschaue, dann habe ich eigentlich von Beginn an die Diskussion<br />
zwischen Fundis und Realos. Das sind ja dann auch unterschiedliche Werte, die da irgendwo<br />
dahinter stecken und daraus dann einen Kompromiss zu extrahieren, der zwar in der<br />
politischen Arbeit funktioniert, aber der doch wahrscheinlich schwer ist zu kommunizieren an<br />
die breite Wählerschicht, die man ja anzieht.<br />
Kai Klose: Das ist richtig. Ich kann das jetzt zweigliedrig beantworten: Die Eine ist, wir<br />
haben in Hessen diesen Konflikt zwischen Realos und Fundis ja seit Anfang der, seit Ende der<br />
Achtziger ja nicht mehr seit das zwischen Ditfurth und Fischer entschieden wurde. Die Fundis<br />
sind damals rausgegangen und von daher könnte ich jetzt sagen der Konflikt ist nicht mehr<br />
wirklich da, wir arbeiten alle auf dem gleichen Wertegerüst. In der Tat glaube ich aber, dass<br />
die grundlegenden Werte auch zwischen den Linken und den Reformern in der Partei, wie wir<br />
uns heute ja nennen, übereinstimmen. Also, die Frage von Verantwortung für die nächsten<br />
Generationen, Umweltschutz, Energiefrage, weg vom Atom, Frauenbewegung,<br />
Minderheitenschutz, das sind die grundlegenden Werte, die uns immer alle vereint haben. Die<br />
Konflikte, die es gibt und da gehe ich jetzt mal auf die Bundesebene, weil da tragen wir die<br />
tatsächlich auch nach wie vor aus zwischen den Flügeln, die bestehen dann tatsächlich eher in<br />
der konkreten Ausgestaltung bestimmter Politikfelder. Also, die Auseinandersetzung will ich<br />
beispielsweise im Sozialbereich höhere Transferleistungen, wofür tendenziell eher die Linken<br />
bei uns stehen, oder will ich die Institutionen stärken, die es gibt, wofür eher die<br />
Reformerinnen und Reformer stehen und das ist für mich aber kein grundlegender<br />
Wertekonflikt, weil der grundliegende Wert, der darunter liegt, ist „Ich will mich für die<br />
Schwächeren in der Gesellschaft einsetzen.“. Das ist dann tatsächlich nur eine<br />
Auseinandersetzung, „nur“ eine Auseinandersetzung, über den Weg. Mache ich das eben über<br />
die Transferleistung, mache ich das über die Institutionenstärkung und ich glaube, wenn die<br />
grundlegenden Werte nicht mehr übereinstimmen, dann kriegen Sie ein echtes Problem in<br />
einer Partei. Das sehen Sie bei der Abspaltung von der Linken von der SPD, aber Sie sehen<br />
das zum Beispiel auch an kleineren Geschichten wie dieser Gründung des Berliner Kreises