Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Sylvia Schenk: Also es kommt ja immer darauf an, was man unter Führung versteht.<br />
Manchmal ist Führung nur Orientierung oder das Abstecken eines Rahmens. Das hängt aber<br />
auch immer von der Konstellation ab, insofern natürlich auch als ich Arbeitsrichterin war, gab<br />
es insofern Führung, als es einen Präsidenten des Arbeitsgerichtes damals in Offenbach gab,<br />
einen Präsidenten des Landesarbeitsgerichtes, die natürlich den Rahmen abgesteckt haben für<br />
das, was wir Richterinnen und Richter gemacht haben. Richterlich als solches waren wir<br />
unabhängig, das ist ja verfassungsmäßig vorgegeben, aber eine gewisse Führung ist dann<br />
schon da gewesen. Und ich glaube, das macht auch Sinn, dass zumindest, wie gesagt, der<br />
Rahmen vorgegeben wird. In anderen Situationen brauchte es andere Arten von Führung, das<br />
ist eben immer sehr spezifisch.<br />
Rolf van Dick: Wie würden Sie denn gute Führung beschreiben? Oder vielleicht greifen Sie<br />
einen der Kontexte heraus oder vielleicht auch aktuell. Sie sind aktuell tätig als<br />
Rechtsanwältin in einer Kanzlei. Dort wird ja auch geführt und auch Sie müssen<br />
wahrscheinlich führen. Sie haben wahrscheinlich ein Team von Sachbearbeitern,<br />
Sekretärinnen, die ja auch geführt werden müssen im ganz klassischen Sinne.<br />
Sylvia Schenk: Also unabhängig vom Kontext kommt es erstmal immer darauf an, dass deroder<br />
diejenigen, die führen, den Kontext wissen und sich darüber im Klaren sind. Es ist etwas<br />
völlig anderes, wenn ich ein ehrenamtliches Gremium als Präsidentin führe – also natürlich<br />
mit Einbeziehung, mit demokratischen Strukturen und so weiter – oder ob ich in einer<br />
Hierarchie, wie zum Beispiel bei der Stadt Frankfurt am Main, als Dezernentin<br />
endverantwortlich bin für das, was in den einzelnen Ämtern passiert. Da muss ich ganz anders<br />
bei bestimmten politischen Themen Vorgaben machen, das wird auch erwartet, und muss<br />
gleichzeitig schauen, dass ich in den Ämtern oder in den einzelnen Institutionen, die<br />
zugeordnet sind, dann den Führungskräften ihrerseits auch wieder den Freiraum gebe, den sie<br />
brauchen um ihre Führungsmöglichkeiten zu entfalten. Also insofern: man muss den Kontext<br />
kennen und mir ist eigentlich immer wichtig gewesen, egal ob es ein Gremium ist, wo ich<br />
pares inter pares bin, oder ob es sehr hierarchisch strukturiert ist, den Personen, mit denen ich<br />
dort zusammenarbeite, so viel wie möglich auch an Mitbestimmung zu ermöglichen, so dass<br />
sie ihre Vorstellungen einbringen können, dass man also auch diskutiert und nicht einfach von<br />
oben herab entscheidet. Aber zum Schluss kann es sein, dass irgendeine Person den<br />
Ausschlag geben muss und sagen muss: „Okay, und jetzt müssen wir in die und die Richtung<br />
marschieren.“<br />
Rolf van Dick: Wie führen Sie denn ganz konkret? Also jetzt zum Beispiel: Haben Sie<br />
Mitarbeiter, die Sie führen, in der Kanzlei oder bei Transparency International als Mitglied<br />
des Vorstandes? Wenn Sie zum Beispiel morgens ins Büro kommen, machen Sie etwas ganz<br />
bewusst, was man als Ihren persönlichen Führungsstil bezeichnen könnte?<br />
Sylvia Schenk: Also ich weiß nicht, ob das schon Führungsstil ist, dass ich morgens erstmal<br />
gucke, dass ich allen „Guten Morgen“ sage, zumindest denen in meiner Etage. Ansonsten wir<br />
haben ein mehrstöckiges Haus, da geht man nicht überall vorbei, aber auf meiner Etage sage<br />
ich „Guten Morgen“ und je nachdem, was anliegt, bleibe ich auch mal stehen und rede kurz<br />
mit einer Kollegin oder auch mit der Sekretärin. Und man bespricht einfach, ob etwas<br />
besonderes ansteht, dass auch alle wissen: „Heute müssen wir das und das erledigen.“, dass<br />
jeder seine Arbeit auch entsprechend einteilen und planen kann, wenn es denn nötig ist. Sehr<br />
oft ergibt es sich aber auch einfach so aus dem Tagesablauf. Aber ich würde es noch gar nicht<br />
als Führungsstil betrachten, sondern es ist einfach „Wie geht man menschlich miteinander<br />
um? Und wie gestaltet man die Arbeit miteinander“, also ob das nun Kollegen und<br />
Kolleginnen sind oder Personen, denen ich in gewisser Weise vorgesetzt bin.