Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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wenn man den Bankern auferlegt, sie dürfen nur noch Fünfhunderttausend im Jahr verdienen,<br />
da kommt dann ein Geschrei auf, dass dann die besten Talente alle irgendwie die Flucht<br />
ergreifen. Nur ich glaube nicht, dass sinnvoll wäre und auch nicht zu verantworten gegenüber<br />
dem Steuerzahler, jetzt quasi einen Wettstreit mit der privaten Wirtschaft zu installieren, dass<br />
jetzt auch Politiker irgendwelche Millionengehälter bekommen. Die Diskrepanz zum Wähler<br />
wird ja dadurch immer größer. Sondern ich finde umgekehrt, dass man gucken sollte, wie<br />
man diese völlig aberwitzigen exorbitanten Gehälter, wie sie teilweise in der Wirtschaft<br />
gezahlt werden, wie man das verhindert. Und das könnte man ja teilweise durch vernünftige<br />
hohe Steuern bei hohen Einkommen, zum Beispiel über eine Millionen, könnte man das ja<br />
abschöpfen. Also ich würde eher diesen Weg gehen, als den umgekehrten, der am Ende auch<br />
nicht bezahlbar und auch nicht verantwortbar ist, weil ich finde, dass kein Mensch so viel<br />
mehr leistet als ein anderer, als dass er das Fünfzig- oder Hundertfache eines normalen<br />
Durchschnittsarbeiters verdient. So groß sind die Leistungsunterschiede nicht.<br />
Rolf van Dick: Wie groß wäre denn aus Ihrer Sicht ein fairer Faktor, der einen Unterschied in<br />
Engagement und Ausbildung dann auch rechtfertigen würde?<br />
Sahra Wagenknecht: Na, es kommt ja darauf an, an welchem Durchschnitt man das misst.<br />
Ich denke, dass die Politikergehälter so schon in Ordnung sind, wie sie jetzt sind. Also ich<br />
glaube eine Debatte darüber, wie man diese wesentlich reduzieren müsste, wäre auch verfehlt,<br />
denn eine Bundeskanzlerin oder ein Bundesminister haben ja keine Nine to Five Jobs, wo<br />
man abends pünktlich nachhause geht und man ist fast jedes Wochenende weg. Das sind<br />
schon Arbeitsverhältnisse, in denen man weit weit überdurchschnittlich gefordert ist. Insofern<br />
denke ich schon, dass das eine Relation ist, die in Ordnung geht, aber in der Wirtschaft reden<br />
wir ja über völlig andere Gehälter und ich würde nicht sagen, dass der Vorstandschef der<br />
Deutschen Bank mehr Verantwortung hat, als ein Staatsoberhaupt oder eben eine Kanzlerin<br />
oder ein Kanzler, selbst bei Ministern würde ich sagen, dass da für das Gemeinwohl wirklich<br />
mehr Verantwortung gegeben ist, als bei einem Unternehmenschef. Und da ist eben das<br />
Problem, dass dann bei der privaten Wirtschaft eben derart exorbitant ausgeteilt wird.<br />
Rolf van Dick: Ich stimme Ihnen natürlich zu und finde es auch interessant, dass Sie in Ihrem<br />
Buch Studien zitieren, die zeigen, dass dort, wo der Abstand nicht so groß ist, es auch<br />
ökonomisch in den Firmen besser funktioniert.<br />
Sahra Wagenknecht: Er war ja auch früher deutlich kleiner! Die Dax Unternehmen sind ja<br />
mal gestartet, da war zwischen normalem Arbeiter uns Spitzen-Führungskraft, da war das<br />
Verhältnis so eins zu fünfzehn. Also das ist eine ganz andere Relation. Heute reden wir über<br />
eins zu fünfzig, teilweise eins zu zweihundert. Das ist ganz massiv auseinander gegangen und<br />
das fand ich tatsächlich interessant. Das sind ja ganz empirische Studien, die das belegen:<br />
Wenn die Einkommensunterschiede zu groß werden- das gilt für die Gesellschaft insgesamt,<br />
aber auch für das einzelne Unternehmen- dann wird die Gesamtleistung schlechter! Also das<br />
was immer gesagt wird, dass wir als Leistungsanreiz solche irren Gehälter zahlen müssen, das<br />
ist völlig absurd. Es ist ja auch so, dass wenn ich zum Beispiel als Vorstandschef ein riesiges<br />
Gehalt habe, ich ja völlig saniert bin. Wenn ich das Unternehmen dann nach zwei oder drei<br />
Jahren gegen die Wand fahre, habe ich so viel verdient, dass ich mich eigentlich um nichts<br />
mehr kümmern muss. Und das ist ja auch ein völlig falscher Anreiz. Am Ende noch goldenen<br />
Handschlag bekomme! Es gibt ja keine dann wirklich und keine Verantwortung. Und gerade<br />
bei solchen Sachen, wie sie bei der deutschen Bank aktuell hochkommen, fragt man sich,<br />
wieso nicht auch Manager selbst haften. In der Politik gibt es immer zumindest eine<br />
moralische Haftung, wenn auch nicht in Geld- wobei ich das teilweise gar nicht so schlecht