Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Führen unbedingt. Werteverfall, ja. Ich glaube, wir haben nach außen und nach innen<br />
dramatischen Werteverfall des Berufs des Bankers festzustellen. Nach außen, Leute schämen<br />
sich manchmal zu sagen, dass sie für die Bank arbeiten, wenn sie im Sport oder in der<br />
Gesellschaft oder unter Freunden und Bekannten zu weiter sind. Das ist nicht mehr ein Beruf<br />
der eine besonders hohe Achtung hat und von besonderer Reputation gezeichnet ist. Das ist<br />
ein Jammer, aber ist zum Teil ja auch verdient, nach allem was passiert ist. Das nach außen,<br />
nach innen: Was da an Exzessen, vor allem in finanzieller Hinsicht passiert ist in den letzten<br />
Jahren, hat dazu beigetragen, dass natürlich auch der Wertekanon nach innen durcheinander<br />
geraten ist. Dass Geld, Gehaltpackages und Boni und all dieses, einen Wert erhalten hatten,<br />
der in keiner Relation mehr stand zu dem, was außerhalb des Banklebens so vor sich geht,<br />
und das hat natürlich auch den Wertekanon des Bankers durcheinandergebracht, und da muss<br />
auch repariert werden, denn wenn da nichts repariert wird, dann hebt sich natürlich auch nicht<br />
die Reputation nach außen.<br />
Rolf van Dick: Aber das ist auch so ein Thema, welches mich persönlich beschäftigt: Ich<br />
stimme natürlich vollkommen mit ihnen überein, dass Gehälter völlig überzogen sind und<br />
entkoppelt sind, von dem, was die Arbeiter und einfachen Angestellten verdienen, aber<br />
warum entsteht in der Bevölkerung der Eindruck, dass ein Herr Ackermann oder ein Herr<br />
Zetsche oder ein Herr Winterkorn viel zu viel verdienen, man willigt aber einem Günther<br />
Jauch, einer Anne Will oder einem Ronaldo das zu, und ist sogar, zum Beispiel als Fußballfan<br />
von Schalke, stolz darauf, wenn sich Schalke einen teuren Spieler leisten kann. Wie kommt<br />
das, dass es manche Bereiche gibt, in denen das eher toleriert wird und einige in denen das<br />
offensichtlich nicht der Fall ist?<br />
Rolf-Ernst Breuer: Vielleicht deswegen, weil man Künstlern, Sportlern, Entertainern ein<br />
Einmaltalent zubilligt. Wir alle fahren Auto, aber wir werden nie ein Sebastian Vettel. Also<br />
der verdient mehr, weil er, vom lieben Gott, mehr Talent zum Autofahren mitgebracht hat,<br />
aber auch sonst einige Charaktereigenschaften, die einen zum Spitzenrennfahrer machen. Das<br />
verdient Würdigung und das macht die Öffentlichkeit mit, wohingegen man glaubt, dass<br />
Karrieren vom Tellerwäscher zum Chef auch in Deutschland weiterhin möglich sind, und da<br />
sagt man: „Aha, er hat zwar Talent, aber er war auch enorm fleißig, er hat sich durchgesetzt,<br />
der hat auch mal eine gute Idee gehabt, er ist kreativ“ und so etwas, alles Dinge, die wir<br />
eigentlich auch haben, nur nicht so dezidiert und nicht mit diesem Erfolg und mit ein bisschen<br />
Glück natürlich und ähnlichem. Heißt also, der Karriereweg von Sebastian Vettel ist ein total<br />
anderer und muss deshalb auch anders honoriert werden, oder darf deswegen auch anders<br />
honoriert werden als der von Herrn Zetsche, von Herrn Winterkorn oder von wem auch<br />
immer.<br />
Rolf van Dick: Herr Breuer, ich bedanke mich ganz herzlich. Es war sehr interessant.<br />
Rolf-Ernst Breuer: Sehr gerne.