Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
funktioniert es so oft nicht: Es fehlt teilweise in der Gesellschaft inzwischen ein Verständnis<br />
für politische Prozesse. Also wenn man Journalisten, die einen anrufen - in dem Fall von<br />
elektronischen Privatsendern - den Unterschied zwischen Regierung und Parlament erklären<br />
muss, merken Sie wie schwierig das alles ist. Vielleicht war es nicht so, dass die Leute früher<br />
mehr wussten, aber sie waren dann ein bisschen… sie waren nicht so vorlaut, in<br />
Anführungszeichen. Also sozusagen diejenigen, die wussten, dass sie nichts wussten, haben<br />
auch gesagt ich weiß nichts und haben im Zweifel auch mal gesagt jemand anderer, der etwas<br />
vorschlägt, könnte sich etwas dabei gedacht haben. Momentan ist erst mal eine Gesellschaft,<br />
die aus meiner Sicht immer egomaner wird, nach dem Motto „Was bringt das für mich, was<br />
bedeutet das für mich, wo ist mein Vorteil?“, ist nicht mehr sozusagen bereit komplizierte<br />
Gedanken über die Frage „Wie bewegt sich das Ganze nach vorne?“ nachzuvollziehen. Das<br />
ist ein objektives Problem. Das ist schwieriger als früher und das Dritte ist ganz banal: Wir<br />
leben in einer immer segregierteren Gesellschaft, wo sozusagen die… bestimmte Gruppen der<br />
Gesellschaft überhaupt die anderen gar nicht mehr wahrnehmen. Also und da bin ich, bin kein<br />
Kulturpessimist aber ich mache mir natürlich schon Fragen, stelle mir schon Fragen, wie das<br />
eigentlich weitergehen soll, wo jeder inzwischen sich seine Facebook-Gruppe für irgendwas<br />
aufmacht und sich den ganzen Tag mit Gleichgesinnten unterhält, sich über irgendetwas<br />
aufregt oder irgendetwas fordert und dann irgendwann ernsthaft der Meinung ist alle würden<br />
so denken, weil er sich den ganzen Tag nur mit Leuten umgeben kann, die ihn ständig<br />
bestätigen. Und da sind Parteien natürlich dramatisch gefährdet, weil sozusagen in einer<br />
Partei ist man umgeben mit den anderen und bestärkt sich gegenseitig mit allem, was<br />
dazugehört. Da dann die Frage zu stellen „Könnten wir vielleicht falsch liegen?“ oder<br />
„Könnte der andere recht haben?“ und daraus dann eine neue Idee zu entwickeln, das ist hart.<br />
Und dazu braucht man unglaubliche Kraft und Idealismus und gleichzeitig Pragmatismus, ja,<br />
weil der Idealismus alleine führt einen noch nirgendwo hin. Man muss auch einen Weg<br />
finden, aber das ist ja nichts Neues. Also, Max Weber 1919 Politik als Beruf steht alles schon<br />
drin.<br />
Rolf van Dick: Herr Al-Wazir, ich denke das war ein ganz schönes Schlusswort. Ich danke<br />
Ihnen ganz herzlich.<br />
Tarek Al-Wazir: Gern geschehen.