Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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sich sag ich mal nach der Mitte der Achtziger Jahre verpflichtet haben, während in der DDR<br />
war ja schon eine gehörige Portion Zwang auch dahinter. Das muss ja auch die Offiziere<br />
unterschiedlich beeinflusst haben.<br />
Wolfgang Schneiderhan: Die sind natürlich anders sozialisiert worden, die sind auch anders<br />
ausgebildet worden, aber der Einstieg war eigentlich ein eher pragmatischer. Man hatte eine<br />
klare Aufgabe, mit der man sich dann arrangiert hat und wo man zunächst mal das<br />
professionelle Können zueinander gebracht hat. Von da aus hatte man eine gute Basis, wo<br />
man sagen muss da wurde zunächst mal das rein fachliche Können bewertet, Stufe eins, nicht,<br />
und dann musste man sozusagen individuell gucken wie jetzt die Einzelnen so ticken, wenn<br />
ich es mal so sagen darf. Und auch da hatte ich Glück, dass ich da im Grunde mir ziemlich<br />
sicher sein konnte, dass wir einen guten Weg gehen. Ich war mir aber auch immer im Klaren<br />
darüber, dass ich in die Herzen nicht hineingucken kann und damit muss man dann an der<br />
Stelle eben fertig werden. Die natürlich auch, ja, denen haben wir natürlich auch einiges<br />
zugemutet. Es war ja nicht nur für uns, wir waren ja diejenigen, deren System übernommen<br />
wurde und die anderen hatten die persönlichen Niederlagen zu verkraften. Das ist ja dann<br />
etwas, wo man nicht leichtfertig drüber reden darf und schon gar nicht urteilen sollte. So, mit<br />
einem Stück Eigenlob ausgestattet habe ich versucht, das zu vermitteln, dass ich nicht da bin<br />
um zu richten und zu urteilen über das, was bisher war, sondern dass ich einen Auftrag habe,<br />
der zunächst mal Aussöhnung und Integration heißt und nicht Abrechnung. Also das war<br />
meine ganz persönliche Einstellung, ist es immer noch. Meine ich, kann man auch<br />
gelegentlich in Afghanistan anwenden, wenn man will. Und von da aus hat sich da ein sehr<br />
menschlich, kollegial solider Kontakt ergeben, auf dem ich mich dann am Ende auch sicher<br />
fühlte. War ja am Anfang auch nicht so sicher, als ich da hingeschickt wurde, wie das geht.<br />
Für mich war es besonders spannend, weil mein Vater in Thüringen das Kriegsende erlebt hat<br />
in Rudolstadt und ich wurde dann in der Erfurter Brigade Kommandeur, das war natürlich<br />
noch mal eine ganz besondere persönliche Note, die ich da mitgebracht habe.<br />
Rolf van Dick: Wir haben jetzt viel auch eigentlich darüber gesprochen, dass Führung in der<br />
Bundeswehr im Großen und Ganzen doch ganz gut funktioniert, aber trotzdem sieht man<br />
natürlich immer wieder auch einzelne Stellen, wo sie gar nicht funktioniert. Dann kann man<br />
natürlich diese ganzen sogenannten schlechten Äpfel dann rauspicken und sagen die sind<br />
schuld. Auch die amerikanische oder die britische Armee hat ja mit Abu Ghraib und so weiter<br />
ihre Desaster. Aber jetzt ist zum Beispiel am vergangenen Wochenende diese große Umfrage<br />
der TU Chemnitz im Auftrag des Bundeswehrverbandes, wonach fast 80% der befragten<br />
Führungsoffiziere der Bundeswehr sagen, die Stimmung in der Truppe ist eher schlecht. Wie<br />
kommt das, was ist da…?<br />
Wolfgang Schneiderhan: Ja, also eins muss ich dazu sagen ich bin jetzt drei Jahre weg, fast<br />
drei Jahre und habe auch nicht intensivst Kontakt, insofern kann ich das Eine oder Andere<br />
nicht beurteilen. Meine Erfahrung sagt mir aber, dass wir, dass eine Reform angestoßen<br />
wurde, die sehr, sehr substantieller ist oder viel substantieller ist als vieles, was wir mit<br />
vorsichtigen Schritten gemacht haben. Dazu gehört natürlich der radikale Eingriff<br />
Abschaffung der Wehrpflicht. Die Frage sei erlaubt, ob es gelungen ist die Menschen darauf<br />
vorzubereiten und in den Prozess sozusagen hineinzunehmen oder ob man sie nicht sozusagen<br />
mit einer standrechtlichen Entscheidung konfrontiert hat. Ich glaube so ein Prozess muss<br />
vorbereitet sein in vielerlei Hinsicht, das braucht man jetzt wahrscheinlich gar nicht<br />
ausführen. Und dann ist das ja parallel diese Fundamentaleinschnitte in Wehrpflicht, aber<br />
auch massive Reduzierung, das ist ja schon ein gigantischer Sprung. Wobei wir auch<br />
Reduzierungen verantwortet haben, aber das ist ein bisschen radikaler und das eben parallel<br />
zu einer Einsatzbelastung, die die Bundeswehr spätestens in Afghanistan an ein Thema