Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Andreas Leonhardt: Gute Führung ist immer dann, wenn der Führende einerseits seine<br />
Stärken nutzt, um seine Mitarbeite zu führen, andererseits aber auch wenn er menschlich<br />
führt. Ich glaube, dass wir prinzipiell momentan eine Zeit erleben, in der es gerade auch im<br />
Bereich Fachkräftemangel, sehr wichtig ist, unseren Mitarbeitern zu vermitteln, dass zum<br />
einen jemand da ist, der sie führen möchte, der aber auf der anderen Seite auch auf ihre<br />
Bedürfnisse eingeht. Das ist manchmal ein Zwiespalt, denn man kann nicht alles<br />
totdiskutieren in einem Unternehmen. Ich werde dafür bezahlt, ab einem gewissen Grad<br />
Entscheidungen einfach zu treffen. Nichts desto trotz kann ich das ja so machen, dass ich mir<br />
vorher sehr genau anhöre, was meine Mitarbeiter zu sagen haben und meine Entscheidung,<br />
die ich dann fälle, möglichst transparent zu machen. Ich denke, dass man sich dort in einen<br />
Bereich der guten Führung befindet.<br />
Rolf van Dick: Kann man das lernen?<br />
Andreas Leonhardt: Ich glaube, dass nicht jeder jeden Führungsstil lernen kann. Und wenn,<br />
dann nur mit sehr sehr viel Training. Wenn jemand seine persönlichen Stärken, sei es<br />
Sozialkompetenz, sei es Charisma, es gibt Menschen, die unglaublich charismatisch auftreten,<br />
wenn sie diese natürliche Art der Führung nutzen, kommen sie immer sehr viel authentischer<br />
rüber bei dem Mitarbeiter, als wenn sie gewisse Verhaltensweisen anlernen. Es ist mit<br />
Sicherheit möglich, es ist aber schwer, es konsequent zehn, zwölf Stunden am Tag immer<br />
vorzulegen. Das heißt, wenn ich solch charismatischer Mensch bin, dann ist es natürlich sehr<br />
viel einfacher, meine Führung darauf aufzubauen.<br />
Rolf van Dick: Hast du Menschen kennen gelernt, wo du sagen würdest, das war Charisma in<br />
Reinform, da hat alles funktioniert, da habe ich auch viel von gelernt? Hattest du Vorbilder,<br />
persönlich oder auch sonst?<br />
Andreas Leonhardt: Ich habe von vielen Menschen, die ich bei der Führung erlebt habe,<br />
versucht mir Teile rauszugreifen, die mir besonders gut gefallen haben. Beispielsweise als ich<br />
noch bei KPMG war, hatte ich eine Prüfung in einem Bankhaus, in dem es jemanden gab, der<br />
für die Konzernsteuerung zuständig ist, den Günther Rot, der sich jeden Morgen 15- 20<br />
Minuten Zeit genommen hat und bei seinen engsten Mitarbeitern vorbeigegangen ist und mit<br />
denen ein persönliches Gespräch geführt hat. „Wie geht es dem Mann der krank ist?“, „Was<br />
macht das Kind?“ Dadurch hat er seinen Mitarbeitern einen Start mit einem gewissen<br />
Wohlfühl- Gefühl in den Tag gegeben. Das hat mir unheimlich gut gefallen. Das ist eine<br />
Sache, die ich von ihm übernommen habe, die ich auch heute noch versuche. Natürlich<br />
kommt man umso seltener bei jedem Mitarbeiter vorbei, je größer der zu verantwortende<br />
Bereich ist.<br />
Ich habe Ende der 90er Jahre Richard von Weizsäcker getroffen und hatte die Möglichkeit 10<br />
Minuten persönlich mit ihm zu sprechen. Ich weiß nicht, ob er seine Mitarbeiter auch so<br />
geführt hat, aber er hat es sehr schnell geschafft, eine Atmosphäre aufzubauen, bei der man<br />
das Gefühl hatte, ihn schon lange zu kennen und alles mit ihm besprechen zu können. Wenn<br />
er das bei seinen Mitarbeitern genau so geschafft hat, dann wäre das eine Sache gewesen, die<br />
ich auch gerne übernommen hätte. Inwiefern ich das schaffe, sollte man vielleicht meine<br />
Mitarbeiter fragen.<br />
Rolf van Dick: War das bei Richard von Weizsäcker Charisma, war das ein Leuchten in den<br />
Augen oder waren das Verhaltensaspekte, die man auch lernen kann?<br />
Andreas Leonhardt: Ich glaube, auch dort war es eine Kombination aus beidem. Ich glaube,<br />
dass er von sich aus heraus schon eine relativ starke Aura hat, die er ausstrahlt, aber natürlich