18.07.2014 Aufrufe

Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

paar Takte Hölderlin...“ - und dieser Lothar war Studienrat in deutsch und hatte Hölderlin<br />

auswendig gelernt. Und da ich ja in der Gefangenschaft nur zwei Lektüren hatte, nämlich<br />

Faust und einen Band Hölderlin, habe ich mangels anderer Literatur beides auswendig<br />

gelernt. Und als er dann anfing, Hölderlin zu zitieren, habe ich die zweite Stimme dazu<br />

gegeben. Also jedes Gedicht, das er vorgetragen hat, konnte ich auch. Und das hat Helmut<br />

Kohl so beeindruckt, dass er gesagt hat: „Hoffmann Sie können mich jederzeit anrufen“,<br />

wovon ich Gebrauch gemacht habe – morgens um acht durfte ich ihn anrufen, wenn der<br />

Weigel, der Finanzminister uns wieder die Daumenschrauben ansetzen und uns den Etat<br />

kürzen wollte, habe ich meinen Freund Kohl angerufen und er hat dann stereotyp gesagt:<br />

„Also wenn Sie bis zwölf nichts von mir hören, dann geht das klar“. Und ich habe nie etwas<br />

gehört bis zwölf und er hat mich dann irgendwann mal angerufen, der Weigel, und gesagt:<br />

„Also Hoffmann, das ist ja furchtbar, dass ich immer da vom Bundeskanzler ihretwegen<br />

Ärger habe. Rufen Sie mich gefälligst künftig doch selber an!“ (lacht).<br />

Rolf van Dick: (lacht) Und das haben Sie dann auch gemacht?<br />

Hilmar Hoffmann: Ja, das habe ich.<br />

Rolf van Dick: Warum, Herr Hoffmann, geht Führung so oft schief? Also Sie haben vorhin<br />

so ein Beispiel genannt - ich meine Helmut Schmidt hat natürlich seine Verdienste und viele<br />

Sachen sicher auch gut gemacht, aber das war so ein Beispiel, dass man Menschen vielleicht<br />

nicht immer ernst nimmt oder falsch mit ihnen umgeht. Was sind andere Gründe dafür, dass<br />

so viele Menschen politikverdrossen sind oder im Beruf krank werden – was ist Ihnen da<br />

begegnet als besonders schlechte Führung?<br />

Hilmar Hoffmann: Da ich eigentlich schon immer eine Führungsposition hatte – mit 26<br />

Jahren war ich Leiter einer Volkshochschule und weil ich dieselbe auch gegründet hatte, hat<br />

mir da auch niemand reingeredet. Und dann wurde ich Kulturdezernent in Oberhausen, das<br />

war auch wieder eine Führungsposition. Das heißt, ich habe eigentlich nie Schwierigkeiten<br />

gehabt, weil ich eigentlich nie jemanden über mir hatte in meinem jeweiligen Bereich. Man<br />

musste natürlich als Dezernent immer zusehen, dass man mit seiner eigenen Partei im Reinen<br />

war, was hier in Frankfurt immer besonders schwierig war. Frankfurt war immer die linke<br />

Speerspitze der SPD der Bundesrepublik und als solche auch gefürchtet. Also die<br />

Bundeskanzler von der SPD hatten immer Angst auf Parteitagen, wenn also die Hessen-Süd-<br />

Leute ans Pult traten und dann Tacheles geredet hatten. Und da war die Führungsposition<br />

immer eine kollektive, also das war dann immer ein Vorstand 'Hessen-Süd' und nur in dieser<br />

geballten Macht, wo sie dann eigentlich ganz Hessen-Süd hinter sich hatten, haben sie dann<br />

ihre Führungsansprüche geltend gemacht, was dann oft nichts genützt hat, weil die<br />

Gesamtpartei da nicht mitgespielt hat. Aber sie waren immer doch ein Kollektiv und hatten<br />

insofern eine ganz wichtige Funktion, dass die SPD da nicht ganz abrutschte in eine Politik<br />

der Gefälligkeit, sondern, dass die SPD als Programm immer noch erkennbar blieb. Heute<br />

können Sie doch bei den großen Parteien kaum noch Unterschiede feststellen. Sind ja nur<br />

noch Nuancen. Besonders gilt das für die CDU, die sich so angeglichen hat, dass sie ihre<br />

eigenen Werte - Ahlener Programm, Godesberger Programm genau so, das ist ja nicht mehr<br />

gültig.<br />

Rolf van Dick: Jetzt sind wir eigentlich schon bei der letzten Frage nach Werten. Wenn man<br />

sozusagen an der Stelle Werte, die man mal hatte, nicht mehr lebt, führt das bei Parteien<br />

vielleicht dazu, dass die Mitglieder weglaufen oder die Wähler einfach die Stimmen nicht<br />

mehr geben, aber welche Rolle spielen Werte im Allgemeinen in unserer Gesellschaft heute?<br />

Finden Sie Werte?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!