Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Rolf van Dick: Ja gut, ich sehe es an der Uni, wo Dekane auch auf zwei oder drei Jahre<br />
gewählt werden, also mehr oder weniger rotieren. Es hat natürlich auch den Nachteil, dass ich<br />
alle zwei oder drei Jahre den Neuen etwas einarbeiten muss und es ihm oder ihr dann auch<br />
mehr oder weniger gut liegt und das hat vielleicht dann auch den Nachteil, dass man schwere<br />
Entscheidungen auch vermeidet, weil man ja auch weiß, man muss wieder zurück ins Glied.<br />
Bruder Paulus: Wahrscheinlich haben Sie selber ertragen (kichert).<br />
Rolf van Dick: Bruder Paulus, wie führen Sie selber als Leiter dieses Klosters? Wenn Sie<br />
morgens beim Frühgebet vielleicht das erste mal ihren Mitbrüdern begegnen oder<br />
anschließend beim Frühstück sitzen, wie führen Sie?<br />
Bruder Paulus: Indem ich nachfrage, wie es denen geht, Indem ich freundlich „guten<br />
Morgen“ sage, indem ich die Aufgaben verteile, indem ich schaue, ob jemand krank ist, ob<br />
jemand unpässlich ist, indem ich versuche ins Gespräch zu bringen, so gut es geht. Am<br />
Anfang als ich ganz jung war als Guardian habe ich natürlich alle Post die in Kloster kam<br />
geöffnet und dann in die Brüdergemeinschaft gebracht und gezeigt, wer und alles geschrieben<br />
hat, bis die mir dann gesagt haben „Du hast wohl nen’ Vogel!“ – also da musste ich erst<br />
lernen, dass eine Führungspersönlichkeit auch überlegen muss, was ist dienlich dafür an<br />
Informationen weiterzugeben und was darf man auch gar nicht weitergeben, weil man damit<br />
das System eigentlich überlastet. Und das ist für mich die größte Herausforderung, eigentlich.<br />
Anteil zu geben im Gesamten und dann gleichzeitig zu sagen „Mein Gott, dieser Anruf dieser<br />
Firma wegen der Brandschutzanlage, die muss ich nicht auch noch allen kommunizieren.“ Ich<br />
bin letztens zum Beispiel auch noch dazu übergegangen, dass ich keine Cc Emails zulasse, ich<br />
will das nicht. Die Leute sollen sich überlegen, ob sie diese Information jemandem<br />
weitergeben sollen, aber diese Form von Zwangsbeglückung mit allen möglichen<br />
Informationen, die kein Mensch mehr verarbeiten kann. Halte ich auch für eine<br />
Fürsorgepflicht.<br />
Rolf van Dick: Es ist ja auch gleichzeitig so, dass die Menschen sich danach sehnen,<br />
vielleicht auch weil sie Verantwortung abgeben wollen…<br />
Bruder Paulus: Ja genau, ich will das aber gar nicht alles wahrnehmen. Die sollen mir<br />
endgültige Prozesse und ihre Ergebnisse mitteilen und nicht sozusagen aus lauter Angst, dass<br />
man nachher wieder diskutieren müsste, dann sagen: „Ja, ich hab Dich ja immer mitlesen<br />
lassen!“ Völliger Käse. Wie führe ich? Das Dritte ist natürlich, dass ich die Zeit reguliere. Das<br />
tue ich dadurch, dass ich den Tagesablauf hier unterschreibe und sage „so und so wollen wir<br />
leben und dann treffen wir uns zum beten“ und dann muss jeder von seinen Emails weg und<br />
von seinem Computer weg, von seiner Aufgabe weg. Dann wollen wir beten. Und ich führe,<br />
dass wir uns regelmäßig durch das Gebet und natürlich den Gottesdienst wöchentlich auch in<br />
Meetings mit der Urkunde der Christenheit beschäftigen, dem Evangelium, und mir ist es<br />
wichtig, dass wir eine Stunde über das Evangelium sprechen und fragen: „Jesus, was würdest<br />
Du denn eigentlich von uns Kapuzinern hier in Frankfurt wollen? Sollten wir nicht mal eine<br />
Protestaktion machen zu MyZeil? Oder müssten wir nicht mal sagen „Leute ihr spinnt wohl<br />
bei adidas einzukaufen!“ ? Was müssten wir tun? Prophetische Zeichen setzten? Wo sind wir<br />
zu angepasst oder nicht angepasst dem heiligen Geist Raum zu geben? Das wäre jetzt mal<br />
wichtig den anderen und fremden Ideen dann auch einen Raum zu öffnen und auch<br />
Zeitmanagement zu haben, Zeitmanagement für die gesamte Struktur. Dass wir uns wirklich<br />
Zeit nehmen zu sagen, was steht an, wo müssen wir was besprechen, wo sind die