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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Das ist die Crew, mit der wir die Geschicke dieses Hauses steuern und alle erwarten aber von<br />

mir, dass ich eine Linie vertrete und in großen Teilen auch vorgebe.<br />

Rolf van Dick: Und ganz konkret: Sind sie jeden Tag hier oben auf dieser Etage und gehen<br />

sie morgens von Tür zu Tür oder gibt es wöchentliche Meetings, in denen die ganze Crew<br />

oder Teile zusammenkommen?<br />

Oliver Reese: Ja, ich bin hier jeden Tag. Und zwar in der Regel ab halb 10 und bis lang<br />

abends. Also, wir haben natürlich oft Abendproben oder Prämieren oder Hauptproben,<br />

Generalproben, oder besondere Veranstaltungen wie Reden, Reihen, die ich mir abends<br />

angucken muss. Das heißt, ich bleibe oft bis 11, halb 12 hier im Haus. Wir haben eine klare<br />

Leitungsstruktur, die heißt: wir treffen uns an drei bis vier Tagen in der Woche morgens um<br />

viertel vor 10 mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Eine dieser Sitzung ist der Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit gewidmet, eine ist der Technik und der Disposition gewidmet, zwei<br />

Termine sind allgemeine Leitungsrunden. Und jeder, der hier im Haus ein Problem hat, eine<br />

Entscheidung braucht, der weiß, dass er da unangekündigt hingehen kann und einfach sagen:<br />

„ich bin da morgens um viertel vor zehn und ich frage euch, ein Schauspieler ist krank, was<br />

sollen wir machen, ihn ersetzten, eine andere Vorstellung spielen, die Vorstellung ausfallen<br />

lassen“, oder: „wir brauchen dringend Werbung für folgendes Stück“ oder: „wir haben zu<br />

viele Schulklassen, die Faust I sehen wollen, was sollen wir tun?“. Also alle diese Dinge<br />

werden morgens in diesen Runden verhandelt. Zusätzlich gibt es einmal in der Woche eine<br />

lange Dramaturgiesitzung, an der ich teilnehme und in der es um die perspektivischen<br />

Entscheidungen geht. Also, wer spielt nächste Spielzeit welche Rolle? Welcher Schauspieler<br />

wird neu geholt? Welcher Regisseur wird engagiert? Welche Besonderheiten planen wir im<br />

Bereich Kinder und Jugendtheater, zum Beispiel? Und es gibt einmal, alle vierzehn Tage, eine<br />

Geschäftsführungssitzung, in der die drei Geschäftsführer mit ihren Stellvertretern sich<br />

treffen. Und einmal die Woche eine Vorbereitungssitzung für die Belange der<br />

Geschäftsführung. Also sie sehen, trotz des doch vermeintlich so flexiblen und blumigen<br />

Bereiches der Kunst, eine ziemlich festgezurrte Sitzungsstruktur.<br />

Rolf van Dick: Wie würden Sie denn gute Führung definieren? Vielleicht für so einen<br />

Bereich, aber vielleicht auch ganz allgemein?<br />

Oliver Reese: Ich würde das darüber definieren, dass ich schon schätze, wenn diejenigen, die<br />

die Hauptverantwortung tragen, sich dessen bewusst sind. Also nicht so tun, als wenn sie gar<br />

nicht die Endentscheider wären, sondern man alles immer gemeinsam durchkauen muss. Und<br />

man dann, wie soll ich sagen, auch die Lasten der Verantwortung auf die anderen abwälzt. Ich<br />

finde es richtig, diese Verantwortung zu übernehmen und sie zu tragen. Und zugleich, wie<br />

soll ich sagen, ein klares Beratungs- und Besprechungssystem zu etablieren, in dem die<br />

Mitarbeiter wissen, welche Rolle sie bei Entscheidungen spielen. Und eben auch transparent<br />

zu machen, wann eine Entscheidung auf Grund von welcher Gemengelage dann tatsächlich<br />

fällt, und wie sie fällt. Und insofern treffe ich keine einsamen Entscheidungen. Ich treffe<br />

eigentlich nie an diesem Schreibtisch da Entscheidungen, sondern die Entscheidung werden in<br />

diesen Leitungsrunden getroffen. Aber so, dass am Ende ich sie verantworten muss.<br />

Rolf van Dick: Kann man so etwas lernen? Also ich nehme mal an, Sie haben nicht im<br />

Studium der Theaterwissenschaft gelernt, wie man mal ein Theater führt oder wie man<br />

Mitarbeiter führt?<br />

Oliver Reese: Naja, also ich glaube um Theaterleitung machen zu wollen – das ist so ähnlich,<br />

wie wenn man Schauspieler werden will – das kann man niemandem raten, das kann man nur

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