Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Einsatz ihrer Gaben zu kommen, sich zu vergesellschaften mit anderen, die ähnliche Ziele<br />
verfolgen und anderes mehr. Also ich definiere Arbeitsbedingungen oder<br />
Daseinsbedingungen für Christen in Frankfurt und versuche sie zu verbessern.<br />
Rolf van Dick: Wenn wir mal über Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Haus am<br />
Dom zum Beispiel reden oder in der Caritas, wie versuchen Sie dort persönlich zu führen?<br />
Johannes zu Eltz: Da muss man vielleicht nochmal unterscheiden. Hier im Haus am Dom,<br />
wo ich mein Büro habe, habe ich eine kleine Stabsstelle mit wenigen Mitarbeitern, die die<br />
Leitung des Stadtbezirks Frankfurt mit mir zusammen macht. Das sind versierte Leute, denen<br />
ich wenig sagen muss, denen ich nur grobe Linien zeichnen muss und die dann imstande sind,<br />
sehr selbstständig arbeitend und sich im Team auch gegenseitig korrigierend und kritisierend<br />
Grundlinien, also Visionen, Grobziele umzusetzen, sie operativ zu machen, sie mit anderen<br />
ins Gespräch zu bringen und sie auch zu korrigieren, wenn sie sich als nicht tauglich<br />
beweisen. Im Caritasverband ist es anders. Der Caritasverband ist ein großer, komplexer<br />
Verband mit 2000 Mitarbeitern und einem hohen zweistelligen Millionenumsatz. Den kann<br />
ich überhaupt nicht selbst leitend führen. Ich bin der Vorstandsvorsitz. Von mir wird erwartet,<br />
dass ich hilfreiche Impulse in den Verband hineinbringe, die von dem geistlichen Grund des<br />
Caritas-Geschehens herkommen. Das Geschäft und die Geschäftsführung des Verbandes<br />
obliegen dem Direktor, dem ich in seinem Tagesgeschäft überhaupt nicht hereingehe.<br />
Rolf van Dick: Sie waren über zehn Jahre lang Leiter des kirchlichen Gerichts. Ich nehme an,<br />
das sind Sie geworden, weil Sie von der ersten Ausbildung her Jurist sind.<br />
Johannes zu Eltz: Ja, da dachte man, dass das besonders qualifizierend ist.<br />
Rolf van Dick: Aber wie kommen Sie in eine Führungsaufgabe wie die des Stadtdekans, wo<br />
Sie auch andere Pfarrer führen müssen, viele Menschen führen müssen? Lernt man das? Wird<br />
man ausgewählt, weil man es schon kann? Oder ist es auch Bestandteil der Ausbildung in<br />
Sant‘ Anselmo oder in St. Georgen gewesen?<br />
Johannes zu Eltz: Wenig an den Hochschulen. Ich habe auch immer das Gefühl gehabt, dass<br />
die Hochschulen gut beraten sind, wenn sie uns vor allem Theologie beibringen und nicht<br />
versuchen, uns Leitungskurse machen, wenn wir noch Bübchen sind. Mir scheint sowieso,<br />
dass wir eher ein Theoriedefizit haben als ein Praxisdefizit. Wir brauchen gute theologische<br />
Theorien, also wirklich Weltanschauungen im besten Sinne, die wir verinnerlichen und über<br />
die wir ins Gespräch kommen können. Denn Leute wollen auch keine Allerweltsauskünfte<br />
von uns, sondern sie erwarten von uns, dass wir imstande sind, ihnen eine gläubige<br />
Weltdeutung anzubieten, die sie dann annehmen können oder nicht. Aber sie soll aus unserer<br />
eigenen Profession kommen. Also deswegen war die Ausbildung weitgehend frei von der<br />
Vermittlung von Führungsfertigkeiten und –kompetenzen. Das kam dann später. Eher<br />
„learning by doing“. Weil ich nicht nur im Gericht geleitet habe, sondern, als ich aus Rom<br />
zurückkam, Pfarrer in einer Arbeiterpfarrei im Westerwald wurde und mich vorher schon in<br />
Oberursel und in Herborn in der Diaspora umgetan hatte, wo es also nur ganz wenige<br />
Katholiken gibt, wo ich viel in der Psychiatrie zu tun hatte; da gibt es ein großes<br />
Landeskrankenhaus. Also ich war in vielen verschiedenen Verwendungsstellen, wo ich<br />
unterschiedliche Kontexte kennengelernt habe; das hat mir am meisten beigebracht.<br />
Rolf van Dick: Gibt es dort, ähnlich wie in großen Unternehmen auch Strukturen, die einem<br />
helfen das Führungsamt auszuüben? Also, gibt es so etwas wie organisierte Rückmeldungen<br />
vom Bischof, Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen, gibt es so etwas?