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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Bernd Wilms gelernt. Natürlich gibt es prägende künstlerische Intendanten, wie Dieter Dorn,<br />

der sehr lange die Münchner Kammerspiele geführt hat. Der gilt heute als unmodern, aber ich<br />

habe von ihm gelernt, wie reich es ist, wenn ein Intendant sehr unterschiedliche künstlerische<br />

Stile an seinem Haus gleichermaßen zulässt und befördert. Also, dass es gar nicht darum geht<br />

eine Art monolithische, monochrome Handschrift für ein Theater zu prägen; dafür ist ein<br />

Haus wie dieses auch viel zu groß, sondern ein weites Herz zu haben in der Kunst und sehr<br />

unterschiedliche Kunstformen zuzulassen. Und dafür ist es mir zum Beispiel wichtig, in der<br />

Dramaturgie, dass ich ganz bewusst starke Köpfe suche, von denen ich vorher weiß, dass sie<br />

nicht auf meiner Linie liegen, weil meine Linie kenne ich selber, an der würde ich mich<br />

langweilen, wenn ich sie auch noch dauern gespiegelt bekäme von anderen. Das heißt: für ein<br />

reiches Theaterangebot finde ich es wichtig, dass sehr unterschiedliche Kunstdenker<br />

zusammen sind und ein Potpourri von Arbeiten, die pro Saison zusammen phantasieren, das<br />

dann eben für ein Publikum einer Großstadt entsprechend die unterschiedlichen Publikümer<br />

auch bedient.<br />

Rolf van Dick: Wenn Sie merken, dass eine Aufführung nicht so hinhaut, wie sie sich’s<br />

erhofft haben: Können Sie nach der Erstaufführung noch wirklich was verändern, oder<br />

nehmen Sie es einfach dann etwas früher aus dem Programm?<br />

Oliver Reese: Nein nein nein, also nach der ersten Aufführung, nach der Prämiere, ist es ja zu<br />

spät. Ich versuche es vorher zu verändern. Also, es gibt schon Fälle – also, dann geht man<br />

immer in die Endprobe, ich gucke mir alle Aufführungen vorher an, und zwar zu einem<br />

Zeitpunkt, wo ich auch etwas tun kann. Und in krisenhaften Fällen ist es natürlich schon<br />

vorgekommen, dass ich in Produktionen dann auch Entscheidungen verändere oder selber in<br />

Prozesse wirklich eingreife. Möglichst nicht! Also, es gibt einige berühmte Kollegen von mir,<br />

die berüchtigt dafür waren, dass sie das quasi regelmäßig getan haben. Und die Schauspieler<br />

also nach fünf Wochen Probezeit immer unruhig wurden, und dachten: "Wann kommt der<br />

Alte denn?", dann "Je eher er kommt, desto eher können wir das Ruder rumreißen". Das finde<br />

ich ein Schreckgespenst. Aber, wie schon einmal gesagt, ich muss das alles verantworten<br />

können, was hier rauskommt. Und ich stehe nicht auf dem Standpunkt, dass zuerst das Glück<br />

der Künstler das höchste Kriterium ist, sondern ich versuche schon sehr mit dem Augen eines<br />

naiv, frisch, neugierig drauf guckenden Publikums Theater zu sehen. Und wenn ich denke,<br />

dass etwas für die Leute komplett unverständlich ist, oder sie wirklich vor den Kopf stößt<br />

oder möglicherweise auch einfach künstlerisch nicht konsequent ist, dann werde ich zuerst<br />

Regisseure beraten und, je nach dem, möglicherweise auch handeln. Nach einer Prämiere<br />

einzugreifen, hab ich glaub ich noch nie getan.<br />

Rolf van Dick: Also wenn Sie nach der Prämiere die Kritiken lesen und vielleicht an der ein<br />

oder anderen Stelle sehen, da hat der Kritiker durchaus recht, dann gehen Sie nicht hin und<br />

sagen, wie kriegen wir das hin?<br />

Oliver Reese: Also die Kritik hat ihre Berechtigung, prinzipiell und immer im Theater, aber<br />

das Theater darf nicht anfangen mit den Köpfen der Kritik zu denken. Das Theater muss mit<br />

seinem eigenen Kopf denken. Wir machen und die anderen beschreiben uns und so immer<br />

fort. Nicht: wir reagieren, auf das was geschrieben wird. Und die sollen sich auch nicht<br />

ausdenken, was wir machen; nicht zu machen haben, sondern das ist zweierlei Geschäft und<br />

das lebt in Parallelwelten.<br />

Rolf van Dick: Wenn etwas gut läuft, wenn eine Prämiere wirklich rund um gelungen ist,<br />

laden Sie auch die nicht künstlerischen Mitarbeiter dann zum Prämieren fest, einer<br />

Premierenfeier ein?

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