Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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gemacht, manchmal ist das ja ganz simpel. Das ist das eine Bild, wo ich Ihnen leider<br />
rechtgeben muss. Ich möchte nur sagen, dass ich nicht glaube, dass das ein militärspezifisches<br />
Phänomen ist. Ich glaube das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das wir haben. Also<br />
die Vermeidung von Übernahme von wirklicher Verantwortung jenseits der<br />
Phrasenverantwortung. Ich meine wirkliche, persönliche Verantwortung und insofern ist die<br />
Bundeswehr auch da ein Spiegel dessen, was gesamtgesellschaftlich in vielen Bereichen<br />
abläuft.<br />
Rolf van Dick: Entschuldigen Sie, dass ich nachfrage, aber macht es nicht doch einen<br />
Unterschied, ob ich sag ich mal jetzt als gehobene Führungskraft im Unternehmen in<br />
irgendeinem Projekt in den Sand setze und ich mache dann irgendwie eine Million Euro<br />
Verlust oder muss fünf Mitarbeiter entlassen oder ich mache als Leutnant in Afghanistan, der<br />
einen kleinen Zug oder eine kleine Abteilung führt, einen Fehler und fünf meiner Soldaten<br />
sterben. Ist das nicht ein qualitativer Unterschied und deswegen auch nachvollziehbar, dass<br />
man sagt, solange ich mich da an Regeln halte, brauche ich mir da hinterher weniger<br />
vorwerfen lassen?<br />
Wolfgang Schneiderhan: Nee, da würde ich Ihnen nicht widersprechen. Ich habe das jetzt in<br />
meinem Eingang so ein bisschen vermieden, um nicht sofort auf dieses sui generis Element<br />
des Soldaten zu kommen, weil das ja sofort bei manchen auch Alarm auslöst mit dem sui<br />
generis. Aber da gibt es schon einen Teil von Verantwortungsqualität, der eben im<br />
Soldatischen deutlicher angesiedelt ist als in anderen Berufen, also sagen wir auch jenseits des<br />
Materiellen liegt, nicht, wo man auch nicht materiell entschädigen kann. Also eine<br />
Verantwortung, die in dem Bereich von Leben und Tod über, von anvertrauten Menschen<br />
hineingeht, ist natürlich schwerwiegender und belastender als eben nur die materiellen, wenn<br />
ich das noch mal so vergleichen darf. Ich glaube es gibt Berufe, die sind da ähnlich.<br />
Gefahrenbewährte Berufe haben immer das Thema. Ich glaube der Feuerwehrhauptmann<br />
dieser Ortschaft hat auch das Thema, wenn er einen Mann auf die Leiter schickt und dann ihm<br />
ein Risiko auferlegt. Das ist sicherlich bei der Polizei zu finden, das ist sicherlich im Bereich<br />
der Notärzte zu finden. Also wir sind da nicht ganz alleine, würde ich sagen. Jetzt kann man<br />
abstufen die Gefährlichkeit, wenn man will, das glaube ich aber nicht, das muss man heute<br />
nicht machen, aber an der Stelle gibt es natürlich Besonderheiten und auf die muss der Soldat<br />
vorbereitet sein, auf diese Verantwortung. Da kommt natürlich die Frage Verantwortung vor<br />
wem oder wem gegenüber, nicht, und damit sind wir bei der Werteorientierung und dem<br />
ethischen Bereich gelandet. Ich denke, den kann man eben nicht ausblenden und damit muss<br />
sich der Soldat auseinandersetzen und die militärische Führung muss sich damit natürlich<br />
auch auseinandersetzen. Sie sagten vorher, wenn man dann Generalinspekteur sei, dann habe<br />
man nicht mehr diese Rolle, dass man dann doch noch mal gehorchen muss. Dem würde ich<br />
ein bisschen widersprechen. Gar nicht mal jetzt sagen wir mal traurig oder so, sondern Primat<br />
der Politik oder sage ich mal besser Primat des Politischen, der Begriff gefällt mir eigentlich<br />
besser, weil er nicht so personen-, sondern sachorientiert ist. Der bedeutet natürlich auch, dass<br />
der oberste Soldat dem Parlament gegenüber, dem Verteidigungsminister gegenüber, eine<br />
Gehorsamsverantwortung und Loyalitätsverpflichtung schon auch hat. Das ist natürlich eine<br />
andere Stufe als weiter unten in der Hierarchie, aber es gibt keinen Soldaten, von dem man<br />
sagen muss, der ist jetzt endgültig aus dem Gefüge von Befehl und Gehorsam raus, sei es<br />
Respekt und Gehorsam gegenüber der Anordnung des Parlaments in Vertretung des<br />
Souveräns.<br />
Rolf van Dick: Aber findet Menschenführung auf der Ebene noch im klassischen Sinne statt?<br />
Das heißt haben Sie mit Rudolf Scharping persönlich Gespräche geführt, wo vielleicht auch<br />
Rückmeldung mal gegeben wird über Ziele, die vereinbart werden?