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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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vielleicht etwas gelernt oder auch nicht gelernt, weil es Sie vielleicht im negativen Sinne<br />

beeindruckt hat? Was sind solche Menschen, mit denen Sie zusammengekommen sind?<br />

SahraWagenknecht: Im negativen Sinne beeindruckt, da will ich jetzt gar keine Namen<br />

nennen, aber das ist für mich schon immer das abschreckende Beispiel, was Politik mit<br />

Menschen machen kann. Also wie Leute, die persönlich und aus sozialem Engagement in die<br />

Politik gegangen sind dann einen Weg genommen haben, wo sie eigentlich alles über Bord<br />

geworfen haben, wofür sie sich einst engagiert haben und dann im Grunde nur noch<br />

funktionieren. Also sich danach ausrichten, wie ist die Mehrheitsmeinung in meiner Fraktionund<br />

ich rede jetzt hier nicht nur über die Linke, sondern ich rede hier ausdrücklich auch über<br />

andere Fraktionen- wie ist die Mehrheitsmeinung? Wie sind meine Chancen wieder<br />

aufgestellt zu werden, wenn ich das mache oder jenes? Und das ist dann die Richtschnur des<br />

politischen Handelns. Also von einem Mandat zum nächsten wieder aufgestellt zu werden,<br />

das ist sozusagen das heilige Ziel und alles andere ist nur noch Mittel zum Zweck. Und das ist<br />

leider eine Deformation, die natürlich in allen Parteien stattfindet, die dann aber eben auch<br />

dazu führen kann, dass Parteien, wie man es ja bei der SPD erlebt, sich völlig von ihren<br />

ursprünglichen Zielen verabschieden und es nur ganz wenige gibt, die eben noch Widerspruch<br />

formulieren, sondern die meisten schwimmen dann mit. Und das finde ich wirklich<br />

erschrecken, dass Politik so, ja, Rückrad bricht und Menschen das mit sich machen lassen.<br />

Und zwar Menschen die einst sicherlich mal respektable Ziele hatten.<br />

Rolf van Dick: Das ist vielleicht noch ein etwas anderes Thema als das, wo ich noch später<br />

drauf eingehen wollte: In Ihrem Buch beschreiben Sie ja verschiedene Phänomene, also die<br />

sogenannte Griechenlandrettung, Sie beschreiben das Rentensystem, was vielleicht durchaus<br />

noch sicher wäre, wenn man nicht die privaten Anteile wie Riesterrente eingeführt hätte und<br />

so weiter. Und meine Frage ist: Warum läuft so vieles so relativ durchschaubar schief? Also<br />

die Rentengeschichte hatten wir ja im Grunde genommen gestern im Tatort dann wieder<br />

aufbereitet, wo natürlich Maschmeyer nich Maschmeyer, sondern Kaiser heisst...<br />

Sahra Wagenknecht: Da habe ich ja was verpasst!<br />

Rolf van Dick: ...aber wo doch im Moment fast jeder durchschaut, dass es irgendwie komisch<br />

gelaufen ist. Wieso läuft das so komisch? Läuft das so, weil Politiker wirklich nicht bescheid<br />

wissen und sich Lobbyisten letztendlich anvertrauen und auch ausliefern oder hält tatsächlich<br />

irgendwo jemand die Hand auf? Oder ist es Erpressung im Sinne von „Wenn ihr das nicht<br />

macht, dann gehen hier wieder tausende von Arbeitsplätzen verloren!“ und dann reagiert man<br />

eben so, weil man wieder gewählt werden möchte?<br />

Sahra Wagenknecht: Ich glaube es ist ein Gemisch von allem. Was Politik auf der einen<br />

Seite natürlich sehr stark beeindruckt ist natürlich Medienmacht. Die Darstellung von<br />

Politikern in den Medien bestimmen über ihre Aufstiegschancen und nicht wenige, ich denke<br />

da zum Beispiel an Gerhardt Schröder, sind dadurch Kanzler geworden, dass sie die Medien<br />

hinter sich hatten. Nur die Medien sind nicht nur die vergleichsweise harmlosen öffentlichrechtlichen<br />

Anstalten, sondern es sind eben auch große private Konzerne und die haben<br />

natürlich ein ganz klares Interesse. Also wenn dahinter Familien stehen, die selber zur<br />

Oberschicht gehören, Milliardäre sind, dann haben die sicherlich kein Interesse daran, Politik<br />

und auch Politiker zu promoten, die im Grunde meinetwegen für die Wiedereinführung einer<br />

Vermögenssteuer, einer richtigen, ordentlichen stünden, oder die für<br />

Finanzmarktregulierungen stehen, wenn dort am Ende das Vermögen dank deregulierter<br />

Finanzmärkte eben viel besser vermehren lässt. Das ist ein Punkt: Medienmacht!

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