Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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wird er in seiner Zeit als Bundespräsident auch bestimmte Verhaltensmuster erlernt haben, die<br />
er dann in solchen Gesprächen genutzt hat.<br />
Rolf van Dick: Auch wenn du schon einige Aspekte genannt hast, wie führst du persönlich<br />
mittlerweile, zum Beispiel im letzten Jahr beim Bankhaus Main?<br />
Andreas Leonhardt: Ich versuche, einen Kommunikations- tiefen Führungsstil zu pflegen.<br />
Ich spreche unheimlich viel mit meinen Mitarbeitern, sowohl über fachliches, als auch mal<br />
über privates. Ich habe regelmäßig Runden, wo ich meine engsten Mitarbeiter versammele,<br />
um immer wieder auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Für mich ist es ganz wichtig,<br />
meinen Mitarbeitern eine geeignete Arbeitsatmosphäre zu schaffen, sodass sie sich wohl<br />
fühlen und ihre Leistungen erbringen können.<br />
Rolf van Dick: Wie ist es in schwierigen Situationen? Man hat vermutlich einfach manchmal<br />
Mitarbeiter, die die Leistung, die man erwartet, nicht bringen oder die auch aufgrund privater<br />
Schwierigkeiten teilweise demotiviert sind. Hast du da eine bestimmte Herangehensweise?<br />
Andreas Leonhardt: Wichtig ist, dass ich meinen Mitarbeitern auch da eine gewisse<br />
Transparenz biete. Ich muss nicht mit dem Hammer kommen, wenn ich beim ersten Mal mit<br />
ihnen spreche, sondern ich muss relativ schnell auf die Missstände, die ich sehe und auch die<br />
Underperformance eingehen. Damit gebe ich dem Mitarbeiter die Möglichkeit, sein Verhalten<br />
zu ändern. Das schaffe ich aber nicht, indem ich einmal im Jahr ein Gespräch führe und sage:<br />
„Du bekommst jetzt keinen Bonus, weil mich das schon das ganze Jahr an dir stört.“<br />
Stattdessen sollte man zeitnah miteinander sprechen und den Mitarbeiter auf<br />
Nachholpotenzial in gewissen Bereichen hinweisen und über Lösungen des Problems reden.<br />
Dann gebe ich dem Mitarbeiter Feedbacks in gewissen Zeitabständen, bei denen ich erkläre,<br />
wo sich etwas verbessert hat oder den Mitarbeiter darauf hinweise, dass ich immer noch nicht<br />
zufrieden bin. Dann habe ich aber in dem Jahresgespräch die Möglichkeit zu sagen, dass der<br />
Mitarbeiter sich trotz vorheriger Bemängelung nicht gebessert hat und dass deswegen<br />
weitergehende Maßnahmen getroffen werden müssen.<br />
Rolf van Dick: Würdest du sagen, du führst heute anders als Vorstand, als du vor eineinhalb<br />
Jahren als Abteilungsleiter geführt hast? Gibt es da Unterschiede?<br />
Andreas Leonhardt: Ja natürlich, Unterschiede gibt es. Man kann noch ein Stück weiter<br />
gehen, wenn ich die Führung, die ich heute habe, mit der die ich vor zehn Jahren bei KPMG<br />
hatte, wo ich ja als eine Art Gruppenleiter fungiert habe, vergleiche. Da war man viel näher<br />
an den Mitarbeitern dran, im Prinzip war man noch einer von ihnen. Heute ist der Abstand<br />
größer, die Verantwortung, die ich trage, ist aber auch größer. Während ich damals ab und an<br />
unpopuläre Entscheidungen noch auf meinen Chef schieben konnte, muss ich sie heute selber<br />
verantworten und auch vor meinen Mitarbeitern begründen können.<br />
Ansonsten: Ja, ich führe anders, einfach weil auch ich mich – hoffentlich – täglich weiter<br />
entwickle. Beispielsweise, wenn ich Leute kennenlerne, bei denen mir wieder etwas<br />
besonders gut gefällt, was in mein Führungsschema passt. Denn um die Authentizität zu<br />
wahren, muss man besonders darauf achten, dass es zum eigenen Schema passt. Wenn ich so<br />
etwas sehe, versuche ich es zu adoptieren und weiter zu verwenden.<br />
Rolf van Dick: Eigentlich hört sich das ja relativ plausibel und einfach an. Ich meine, mit den<br />
Leuten regelmäßig reden und nicht nur einmal im Jahr. Warum machen das so viele nicht?<br />
Warum geht Führung offensichtlich so oft schief, in allen Bereichen der Gesellschaft?