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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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Rolf van Dick: Das geht auch nicht.<br />

Wolfgang Niedecken: ...das geht nicht. Ich hab das damals wieder auf die Bühne gebracht<br />

und bei dem ersten Auftritt, wo wir es gespielt haben, mir ist es im Hals stecken geblieben,<br />

das kannst du nicht bringen, die Strophe ist draußen. Das geht nicht mehr, da kann man auch<br />

nicht mehr drüber lachen!<br />

Rolf van Dick: Aber das Thema, wieso ist das noch interessant für jüngere BAP Fans oder<br />

Zuhörer? Die Gewissensfrage wurde, glaube ich, Mitte der 80 abgeschafft, also das Thema ist<br />

schon seit zwanzig Jahren kein Thema mehr.<br />

Wolfgang Niedecken: Weil, wir spielen gerade eine Tournee, die heißt „Die Klassiker“ und<br />

dabei gibt es ein paar Rückblenden und dabei ist es natürlich, je nach dem in welchem<br />

Kontext so ein Stück auftaucht, ganz schön, wenn man mal hört: „Wie das gab´s tatsächlich<br />

mal?“ Damals hat man uns ja eingeredet, das wär das normalste der Welt, dass man sein<br />

Gewissen prüfen lassen muss. Das war natürlich absolut abstrus, es war eine Farce. Ich hab ja<br />

Leute auch beraten, wie man dadurch kommt, durch dieses Ding und wie man sich doof stellt.<br />

Man konnte ja gar nicht ehrlich sein, man wurde also gezwungen den „Schachmatten“ zu<br />

geben, den „naiven Spinner“. Wenn man da nicht als naiven Spinner reinging, hatte man<br />

schon verloren. Man konnte sich ja gar nicht wirklich über Politik unterhalten oder eine<br />

Weltanschauung, man hatte den „naiven Spinner“ zu geben. Und das heute noch mal zu<br />

bringen und danach kamen jetzt bei diesen Konzerten, dann so ein Stück wie „Drei wünsch<br />

frei“, wo es um den NATO Doppelbeschluss eigentlich geht, um Arbeitsplatzerhaltung in der<br />

Rüstungsindustrie, so abstruse Geschichten und dann kam das Stück, an dem unsere DDR-<br />

Tour gescheitert ist. Das ist ja auch abstrus, diese Mauer, die 50 Jahre jetzt her ist, also 50<br />

Jahre Mauerbau, die 28 Jahre gestanden hat und die jetzt schon Menschen nicht mehr wirklich<br />

sich vorstellen können, dass das jemals da gestanden hat, dieses Ding, ist auch abstrus. Also<br />

diese Abstrusitäten, vielleicht kann man draus lernen, dass vieles von dem, was man uns<br />

heute als „gesetzt“ präsentiert, vielleicht auch abstrus ist. Also was war den der Einstieg in<br />

den Irak Krieg, ist genauso abstrus.<br />

Rolf van Dick: Das schreiben Sie ja auch in Ihrem Buch, wo Sie dann innerhalb von Minuten<br />

mit dem Büro von Fischer und dem Büro von Schröder telefonieren und sich engagieren<br />

gegen das Versprechen, sozusagen da nicht mitzumachen. Das hat ja auch funktioniert!<br />

Wenn ich mir diese Abstrusitäten oder diesen doch bedeutenden Wandel, indem was wir so<br />

für „normal“ halten, mal sehen, helfen uns überhaupt überdauernde Werte damit dann klar<br />

zukommen, dass von heute auf Sachen anders sind, an die wir 40 Jahre lang gewähnt sind?<br />

Das unsere Werte helfen trotzdem die Orientierung zu behalten? Würden Sie so ein paar<br />

Werte für sich selber oder für die Musik, die Sie machen.<br />

Wolfgang Niedecken: Doch, doch! Da bin ich vollkommen „old school“, also Werte, an<br />

denen ich mich orientieren kann, ich könnte die gar nicht aufzählen. Ehrlich gesagt, die hab<br />

ich verinnerlicht und das versuch ich auch den Menschen, die mir Nahe stehen weiter zu<br />

geben. Also wenn man über seine eigene Familie hinaus kommt, dann ist das schon sehr sehr<br />

weit. Aber wie versuche ich meine Kinder zu erziehen? Ich kann es nur durch Vorleben, auch<br />

wissend, dass ich oft versagt hab. Ich muss mich selber immer hinterfrage, ich möchte aber,<br />

wenn ich dann irgendwann mir das Ganze von unten angucke, mir sicher sein, dass ich mich<br />

sehr bemüht habe, nicht „Wasser“ zu predigen und „Wein“ zu trinken. Also da achte ich<br />

schon sehr drauf.

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