Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Rolf van Dick: Du hast vorhin gesagt, Langfristigkeit ist wichtig für die Mitarbeiter und da<br />
sind wir automatisch beim Thema Werte. Und wenn ich jetzt einfach fragen würde, ob Werte<br />
wichtig sind, wirst du sagen ja, aber wie sieht es aus in einer Finanzkrise und einem<br />
generellen Misstrauen gegen alles was mit Banken und Versicherungen zu tun? Welche Rolle<br />
spielen tatsächlich Werte bei deiner täglichen Arbeit? Und wie kannst du es schaffen, dass<br />
Werte wieder akzeptiert und auch glaubhaft werden?<br />
Andreas Leonhardt: Ja, gerade in so einer Zeit spielen Werte eine besonders große Rolle.<br />
Einmal im Innenverhältnis zu den Mitarbeitern, denn die Mitarbeiter müssen wissen, für<br />
welche Werte ich stehe. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ich diese Werte auch<br />
weiter lebe. Denn gerade jetzt in dieser Finanzkrise ist es ja für Mitarbeiter schwierig. Man<br />
hat Angst um den Job, man wird im privaten Umfeld ja teilweise auch wirklich angefeindet,<br />
zum Beispiel als Zocker verschrien. Da ist es wichtig, dass die Mitarbeiter auch ein stückweit<br />
in sich ruhen und diese Ruhe kann ich zum Teil eben vermitteln mit meiner Art, wie ich das<br />
ganze vorlebe. Es ist aber auch nach außen hin zur Zeit immer wichtiger, zu zeigen, dass man<br />
selbst und sein Umfeld für bestimmt Werte steht, die nicht heißen, Profit um jeden Preis zu<br />
machen. Ich habe da etwas leichter Reden als mein Vorstandskollege, der für den Markt<br />
zuständig ist und das Geld im Endeffekt reinholen muss, da wir ja im Finanzbereich des CFO<br />
das ganze Hintendran aufstellen. Nichts desto trotz ist es wichtig zu zeigen, wofür eine Bank<br />
steht, was ich aussagen möchte und wie ich es rüber bringe. Dafür sind Werte und Ethik ein<br />
ganz wichtiges Thema. Die großen Unternehmen haben alle einen Ethikkodex. Das sind<br />
oftmals 70 bis 80 Seiten bunt beschriebenes Papier, aber keiner in der Bank weiß, was darin<br />
steht und hat das Gefühl, danach zu leben. Es ist die Aufgabe der Vorstände und der Leiter,<br />
das den Mitarbeitern vorzuleben. Und nur so kann ich diese corporate identity umsetzen, die<br />
ich brauche um nach außen hin zu zeigen, wir machen ein faires Geschäft und wir stehen<br />
dafür, was wir machen.<br />
Rolf van Dick: Was heißt das beim Bankhaus Main konkret? Gibt es dort ein oder zwei<br />
Werte oder Leitsätze, die du benennen könntest?<br />
Andreas Leonhardt: Also ein Schlagwort wäre zum Beispiel Zuverlässigkeit. Wir haben<br />
meist sehr reiche Privatkunden. Wenn ich denen gewisse Zusagen mache, dann muss ich sie<br />
einfach einhalten. Wenn ich auf der anderen Seite gegenüber der Aufsicht kommuniziere,<br />
dann muss ich sie einfach einhalten. Das ist ein Wert, den ich einfach leben muss. Ein anderer<br />
Wert ist mit Sicherheit eine gewisse Ethik zu haben. Zu sagen, wir machen einfach keine<br />
Geschäfte, an denen wir uns persönlich so stark bereichern und das nicht transparent<br />
gegenüber dem Kunden machen können. Gerade bei der Kundenstruktur die wir haben, würde<br />
so etwas sehr schnell auf Unverständnis stoßen. Das heißt also ich bin meinem Kunden bereit,<br />
ganz klar offen zu legen, woran ich verdiene. Wenn der Kunde das weiß, ist er auch sehr viel<br />
schneller bereit, das so zu akzeptieren und macht das Geschäft dann in dem Bewusstsein, zu<br />
wissen, was die Bank daran verdient.<br />
Rolf van Dick: Solche Prinzipien habt ihr versucht, vom Vorstand bis zum Mitarbeiter<br />
durchzuhalten, die dann auch das Tagesgeschäft mit den Kunden machen?<br />
Andreas Leonhardt: Genau, ich muss also meinen Mitarbeitern, den Leuten die im<br />
Endeffekt im Betrieb tätig sind, jeden Tag wieder sagen, dass sie den Kunden mitteilen sollen,<br />
was wir an dem Produkt verdienen. Nur, wenn wir das wirklich durchbrechen, vom Vorstand<br />
bis zum Mann, der mit den Kunden arbeitet, bekommen wir die Transparenz, die der Kunde<br />
braucht, um sicher zu sein, fair behandelt zu werden. Auch da habe ich es im Bankhaus Main