Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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fände, wenn Politiker sehr viel Steuergeld in den Sand setzen, dass sie dann auch irgendwie<br />
persönlich haftbar gemacht werden, aber in der Wirtschaft gilt das eben erst recht.<br />
Rolf van Dick: Wie gesagt, ich würde Ihnen zustimmen und vermutlich würde Ihnen fast<br />
jeder zustimmen, aber jetzt gehen wir mal in einen anderen Bereich, gehen wir mal in den<br />
Bereich des Sports zum Beispiel oder der Unterhaltungsindustrie: Popmusiker, Rockmusiker<br />
usw. Da gönnt man Den Superstarts, den Topfußballern, Michael Schumacher, Sebastian<br />
Vettel, dass sie Millionen verdienen. Also da ist meiner Meinung und Beobachtung nach viel<br />
weniger Kritik und Aufschrei, wenn man hört, da wird ein Fußballspieler für zwanzig<br />
Millionen gekauft und bekommt auch ein entsprechendes Gehalt. Woran liegt das, dass man<br />
Politikern schon ganz übel nimmt, wenn sie ein bisschen was nebenbei verdienen, dass man<br />
Unternehmenslenkern gar nicht zugesteht, dass sie gute Gehälter haben oder sehr gute<br />
Gehälter haben, aber bei Sportlern ist es toleriert und akzeptiert und man ist vielleicht noch<br />
stolz drauf.<br />
Sahra Wagenknecht: Ja gut, einmal ist es natürlich schon nochmal eine andere Dimension.<br />
Der Sportler ist ja meistens in seinem Leben nur relativ kurze Zeit Sportler und muss da auch<br />
wirklich das Letze geben und das ist sicherlich nochmal etwas anderes, als jemand, der<br />
lebenslang eine bestimmte Karriere macht und lebenslang bestimmte Führungsaufgaben<br />
wahrnimmt. Und dann kommt natürlich das hinzu, was die meisten Leute glaube ich<br />
fürchterlich aufregt, dass ist diese Diskrepanz zwischen teilweise auch schlechter Führung<br />
und Millionengehältern. Dass teilweise auch Chefs, die dieses Unternehmen halb oder<br />
manchmal auch ganz an die Wand gewirtschaftet haben immer noch mit einem goldenen<br />
Handschlag entlassen werden und immer noch viel Geld bekommen. Das heisst es gibt<br />
überhaupt keine Koppelung. Auch, dass Vorstandschefs, die zig tausend Arbeitsplätze<br />
streichen, ihr Gehalt nicht geschmälert bekommen, sondern oft noch gesteigert. Oft wenn<br />
dann noch Aktienoptionen im Spiel sind, also wenn durch eine Entlassung die Aktienkurse<br />
steigen, dann steigert das das persönliche Gehalt noch in besonderer Weise. Diese Kluft: Bei<br />
einem normalen ist der Mitarbeiter bei einem kleinen Fehler gleich draußen und das läuft<br />
dann auch oft relativ gnadenlos ohne Abfindung und gar nichts. Und bei den Großen ist es<br />
eben völlig nonchalant, dass da immer noch etwas drauf gelegt wird und gar keine<br />
Rückkopplung an ihre eigene Leistung gemacht wird. Und das ist natürlich beim Sportler<br />
anders: Wenn der Sportler keine Leistung mehr bringt, dann verdient er eben auch nicht mehr.<br />
Rolf van Dick: Sie sind Kapitalismuskritikerin, Sie sind Atheistin und wenn ich nochmal auf<br />
die Frage zurückkommen darf, ob Sie Führungskräfte getroffen haben, die Sie positiv<br />
beeindruckt haben: Haben Sie mal Unternehmenslenker getroffen, die Sie irgendwie positiv<br />
beeindruckt haben? Oder haben Sie Kirchenlenker getroffen? Gibt es in dem Bereich<br />
Beispiele?<br />
Sahra Wagenknecht: Also mehr im mittelständischen, kleineren Bereich. Da kenne ich<br />
wirklich für mich hochrespektable Leute, die haben Unternehmen aufgebaut und die sind jetzt<br />
wirklich nicht daran interessiert ihre Rendite zu maximieren, sondern haben tatsächlich auch<br />
ein Anliegen dort ein ordentliches Unternehmen mit guter Bezahlung auch für die Mitarbeiter<br />
am Laufen zu halten. Also solche Leute kenne ich und habe ich auch mit großem Respekt<br />
kennengelernt. Gut, ich hab natürlich auch –jetzt weniger persönlich, aber zum Beispiel durch<br />
Talkshows- die Kehrseite kennengelernt. Also eben arrogante Führungskräfte, teilweise auch<br />
aus der Finanzindustrie, die wirklich nach meiner Auffassung im Leben nie etwas für die<br />
Gemeinschaft geleistet haben, aber die sich eben auf gigantischen Einkommen ausruhen,<br />
riesige Vermögen angehäuft haben und bis heute noch nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein<br />
haben!