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Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...

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mit den Vertretern der verschiedenen Städte, da waren ungefähr 60 Personen und ich war die<br />

einzige Frau. Und das Nationale Olympische Komitee hatte als nettes Gastgeschenk<br />

Krawatten vorgesehen und der Generalsekretär verteilte das an die Vertreter der Städte und<br />

kam dann bei mir vorbei, wir kannten uns schon lange aus dem Sport, und sagte: „Sylvia, dein<br />

Mann kann das ja vielleicht gebrauchen.“ Also das war die Realität damals. Und insofern war<br />

ich immer in der Situation, wo ich wusste, es gibt gar kein Rollenmodell. Alleine, dass ich als<br />

Frau irgendwo hinkam, hat manchmal schon Irritationen ausgelöst, übrigens auch im Sportund<br />

Badeamt. Ich war wenige Monate im Amt, war ja dann hochschwanger, hab dann erst<br />

einmal ein Kind bekommen, und während ich dann noch im Krankenhaus lag zwei Tage nach<br />

der Geburt, brachte mir mein Mann einen Blitztipp mit, das war ja damals, gibt es jetzt so<br />

nicht mehr, die Zeitung die damals an alle Haushalte unentgeltlich verteilt wurde und große<br />

Überschrift war: „Wahl der Miss Rebstockbad“. Auf der ersten Seite. Und ich dachte: „Oh<br />

mein Gott, wir haben eine Rot-Grüne-Koalition seit ein paar Monaten, wir haben eine Frauen-<br />

Dezernentin, ich bin als Sport-Dezernentin im Amt und nun gibt es im städtischen<br />

Rebstockbad groß angekündigt eine Wahl der Miss Rebstockbad.“ Und dann habe ich mir das<br />

durchgelesen und habe gedacht: „Das ist doch mit mir nicht abgesprochen!“ Dann habe ich<br />

meine persönliche Referentin im Büro angerufen und habe gesagt: „Sag mal, ist da etwas an<br />

mir vorbeigegangen? Habe ich etwas verpennt?“ Da sagte sie: „Nein, das ist mit mir auch<br />

nicht abgesprochen. Und das haben die einfach gemacht.“ Dann rufe ich den Leiter vom<br />

Sport- und Badeamt an und sage: „Was macht ihr denn da?“. „Ja, das machen wir doch schon<br />

immer.“ Dann habe ich gesagt: „Ja, aber wir haben eine Rot-Grüne-Koalition, wir haben eine<br />

Frauen-Dezernentin, wir haben eindeutig eine andere Politik. Hättet ihr da nicht einmal fragen<br />

können? Das führen wir nicht durch.“ Da sagte er: „Ja, aber wieso denn? Ihr Vorgänger der<br />

war immer gerne in der Jury.“ Dann habe ich gesagt: „Ich will aber nicht in die Jury. Ich will<br />

keine Miss Rebstockbad. Das wird es in einem städtischen Bad nicht geben.“ So, da habe ich<br />

natürlich von oben herab entschieden und habe mich auf keine Diskussion mehr eingelassen<br />

und habe gesagt: „Das geht gar nicht.“, weil das bringt uns ja völlig in Widerspruch zu dem,<br />

was wir angekündigt hatten, wie wir jetzt mir Rot-Grün in Frankfurt am Main unter anderem<br />

auch Politik für Mädchen und Frauen machen wollen. Aber das einfach nur nochmal als ein<br />

sehr plastisches Beispiel aus der fernen Geschichte, das ist knapp 25 Jahre her, aber trotzdem,<br />

meiner Tochter, die ist jetzt 23, muss ich schon im Detail erklären, wie das damals war. Also<br />

als Beispiel dafür, dass es für mich da gar keine Vorbilder gab im Umgang mit Männern, die<br />

immer nur mit Männern zusammen gewesen waren, ob sie selber geführt haben oder geführt<br />

wurden und sich auf einmal mit einer Frau auseinandersetzen mussten, die ihnen dann auch<br />

noch sagt: „Nein, die Wahl der Miss Rebstockbad gibt es nicht. Sie stand zwar schon im<br />

Blitztipp, wird aber abgesagt.“. Das war dann schon eine schwierige Situation wiederum für<br />

alle Seiten, da war ich, wie gesagt, auch mal so richtig hart und habe auch nicht mit mir reden<br />

lassen. Deshalb, ich musste meinen Weg immer alleine gehen und da gab es keine Beispiele.<br />

Rolf van Dick: Haben Sie umgekehrt Negativbeispiele, ich will jetzt nicht sagen Personen,<br />

die negativ waren, aber dass sie gesagt haben: „So möchte ich nicht führen. Das ist ein<br />

mögliches Modell, aber so möchte ich ganz sicher nicht führen.“? Also Sie haben ja<br />

wahrscheinlich im NOK oder im Internationalen Olympischen Komitee mit Leuten wie zum<br />

Beispiel mit Blatter von der Fifa gesprochen. Waren das Menschen, bei denen Sie gesagt<br />

haben: „Das ist ein Modell, aber nicht meins.“? Wo Sie dann sozusagen ganz bewusst dann<br />

gesagt haben: „Nein, ich mache es anders.“?<br />

Sylvia Schenk: Ja also wahrscheinlich haben Sie mir jetzt geholfen, Ihre Frage von vorhin zu<br />

beantworten. Möglicherweise habe ich meinen Führungsstil entwickelt in Abgrenzung zu<br />

Situationen, wo ich dachte: „Nein, so geht es nicht.“. Also da gab es sehr viele Situationen<br />

von der Schule angefangen, da war ich Klassensprecherin und habe mich geärgert, wenn mich

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