Leadership-Interview-Transkript - Sozialpsychologie - Goethe ...
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Führung in irgendeiner Form, denn Sie sind ja sozusagen auch derjenige, der auch einstellt,<br />
oder Verträge ausstellt, oder über Gagen verhandelt. Ist das schwierig in Ihrem Bereich?<br />
Bernd Loebe: Ich glaube, man muss da differenzieren. Es gibt den Intendanten, der nach<br />
außen wirkt, und denjenigen, der nach Innen wirkt. Also wir haben hier Festangestellte, die<br />
ich z.T. Auch auswähle – überwiegend auswähle - und wir haben Gäste, die wir engagieren.<br />
Wir werden beurteilt von der Presse, aber ich werde auch hier im Haus beurteilt von<br />
Mitarbeitern, das ist ganz klar. Es ist die große erotische Qualität oder erotische Lust, die da<br />
einen überkommt, zu überlegen ' wer passt zu wem?' und 'mit welchem kann ich welche Oper<br />
machen?'. Es gibt Regisseure, die bereit sind, sich sehr zu öffnen, die ein etwaiges Konzept<br />
mit mir beratschlagen, ebenso Bühnenbildner, Kostümbildner. Es gibt andere, die lassen sich<br />
sehr spät in die Karten schauen, die empfinden jeden Kommentar schon als Einflussnahme<br />
auf eine frei-künstlerische Leistung. Ich glaube, man muss eine quasi freundschaftliche<br />
Beziehung aufbauen zu den Künstlern, die in diesem Hause arbeiten, die es dann ermöglicht,<br />
offen, frei und durchaus kritisch über Projekte zu sprechen.<br />
Rolf van Dick: Sie haben ja nicht nur künstlerische Mitarbeiter, sondern auch Verwaltungs –<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sie führen müssen. Sehen Sie da einen großen<br />
Unterschied in der Art, wie Sie mit diesen Personen umgehen müssen oder können?<br />
Bernd Loebe: Also die eigentliche Verwaltung obliegt ja dem Geschäftsführer für zentrale<br />
Dienste, wie es heißt, und Technik und Verwaltung. Ich engagiere die Mitarbeiter im<br />
künstlerischen Betriebsbüro hier im siebten Stock. Also Abonnement-System, Marketing-,<br />
Sponsoring-Mitarbeiter, Sekretärinnen, Pressemitarbeit und Regieassistenten, musikalische<br />
Assistenten, Dirigenten. D. h. das Kerngeschäft der Verwaltung obliegt einer anderen Sparte<br />
hier. Aber natürlich gibt es auch in den eben beschriebenen Sparten nicht die reinen Künstler,<br />
die ich zu engagieren habe. Es gibt sehr viele Bewerbungen, es gibt in der Regel ein Gefühl,<br />
'wen lädst du dazu ein?', 'wen lädst du nicht ein?'. Es gibt Gespräche und ich bin jemand, der<br />
sich relativ schnell festlegt und glaubt, dass schnell gezeigtes Vertrauen sich wieder positiv<br />
rückwirkt. Wenn ich einem jungen Bewerber in einem Gespräch sage, ich melde mich<br />
innerhalb einer Woche bei dir und er kriegt dann den Zuschlag, der empfindet das dann als<br />
Geschenk vom Himmel, aber der will es mir dann beweisen, dass diese Entscheidung richtig<br />
war. Insofern eiere ich da nicht lange herum, sondern folge eher meinem Instinkt und Gefühl.<br />
Rolf van Dick: Was ist für Sie gute Führung in so einem Opernhaus – was muss man können,<br />
machen?<br />
Bernd Loebe: Ich glaube gute Führung ist die, die man nicht spürt. Also ich bin jemand, der<br />
Dinge lange „treiben“ lässt, der aber dann, wenn er spürt, es geht in die falsche Richtung,<br />
dann auch sehr schnell die Zügel wieder anziehen kann. Ich lebe ein bisschen in der Illusion,<br />
dass Klugheit und Lebensweisheit innerhalb der ganzen Mitarbeiter dazu führt – und Liebe<br />
zum Haus, das ist ganz wichtig, Identität im Haus – dass sich Lösungen selbstverständlich<br />
dann einstellen. Das ist nicht immer der Fall. Und wenn es sein muss, muss ich den ziemlich<br />
autoritären Hansel hier spielen, was immer mal sein muss, aber doch verhältnismäßig selten,<br />
weil nur ein Gespräch unter vier Augen, das dann zu führen ist, manchmal ganz schnell die<br />
Situation bereinigt. Ich sage manchmal auch im Kreise von Politikern, wir haben hier die<br />
Chance, zu demonstrieren, wie die Welt funktionieren könnte. Wir haben hier alle<br />
Nationalitäten, also wirklich eine ganz offene Gesellschaft, ich glaube in unserem<br />
Sängerensemble von ca. 35 Festangestellten sind gerade mal vier Deutsche, d.h. Die kommen<br />
aus allen Teilen der Welt – das betrifft auch die ganzen Assistenten, musikalische<br />
Assistenten, Dirigenten, Regisseure – also das ist ein Multi-Kulti Haus und manchmal sage