Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik
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Majors von Lützow freiwillige Jäger zusammen. ... An jene Schar habe ich gedacht, als ich es<br />
übernahm, eine Freiwilligentruppe zu bilden." 223<br />
So traditionssuchend und nüchtern fand sich nicht jeder in die neue Lage. Die Jüngeren hatten jene<br />
Expressivität, die die Reformgeneration zeichnete:<br />
"Wir schlagen uns auf den Schlachtfeldern des Nachkriegs, wie wir uns an der Ostfront geschlagen<br />
hatten: singend, frei, dem Abenteuer, dem Angriff entgegen, und schweigend, haßerfüllt und<br />
gnadenlos in der Schlacht".<br />
So bekannte sich Friedrich Wilhelm Heinz. Gerhard Rossbach schrieb:<br />
"Sammeln von Männern, um Soldaten daraus zu machen, Händel suchen, trinken, lärmen und<br />
Fenster einschlagen, zerstören und in Stücke hauen, was zerstört werden soll. Skrupellos leben<br />
und unerbittlich hart sein." 224<br />
"War es nicht, als spürte ich an den zuckenden Metallteilen des Gewehres, wie <strong>das</strong> Feuer in<br />
warme, lebendige <strong>Menschen</strong>leiber schlug? Satanische Lust, wie, bin ich nicht eins mit dem<br />
Gewehr? Bin ich nicht Maschine - kaltes Metall? Hinein, hinein in den wirren Haufen..."<br />
So phantasierte der jugendbewegte Ernst von Salomon. 225<br />
"Die Männer springen auf, wie hochgepeitscht. Sie krümmen sich zum Ansprung nach vorn, als<br />
spürten sie sich selbst Geschosse. Es faucht durch die glasig gewordene Luft, es heult, es bebt,<br />
flimmert, grollt. Der Wald, der Fluß, <strong>das</strong> Feld, alles zuckt wie lebendig..." 226<br />
"Schnell, nur schnell, jetzt muß getötet werden! Jetzt gibt es nur eine Erlösung, eine Erfüllung und<br />
ein Glück: <strong>das</strong> fließende Blut. Gleich wird man zupacken können und man empfindet eine<br />
dämonische Vorfreude in dem Bewußtsein, daß man als der stärkere, als der Unwiderstehliche<br />
auftreten wird. Wartet nur, gleich sind wir da! Ich fühle, wie sich meine rechte Hand wie ein<br />
Schraubstock um den Pistolenkolben spannt, und die Linke um den kurzen Bambusstock. Ich<br />
fühle, wie mir <strong>das</strong> Blut siedend in <strong>das</strong> Gesicht geschossen ist, wie sich die Zähne<br />
aufeinanderpressen, und wie die hellen Tränen unaufhaltsam über <strong>das</strong> Gesicht herunterfließen." 227<br />
Man kann diese Zitate endlos verlängern, ohne einen weiteren Erkenntnisgewinn zu erzielen: Der<br />
ehemalige Wandervogel Jünger spielte ebenso wie seine Offizierskollegen begeistert <strong>das</strong> Lied vom<br />
Tod und <strong>das</strong> Moment des Tötens wurde in einen rauschhaften expressionistischen Kontext gestellt.<br />
Wie Heym und Meidner es vor dem Kriege komponiert hatten, so sangen es die Soldaten. Es war ein<br />
Refrain auf die gleichzeitige expressionistische Welle der Kunst.<br />
Die Kavallerie hatte ihre militärische Bedeutung im Jahre 1917 längst verloren, die Soldaten wurden<br />
mit Fernwaffen zerfetzt. Durch die Köpfe der Jugendbewegung geisterten die Ideale einer ritterlichen<br />
Schlacht auf edlen Pferden.<br />
Was Expressionisten mit schreienden Farben und wankenden Vertikalen ausdrückten, <strong>das</strong> versuchten<br />
Freikorps-Soldaten als Aktionskünstler mit dem Maschinengewehr als blutiges Happening<br />
darzustellen.<br />
„Arbeiten! Rausch! Gehirn zerschmettern! Kauen, Fressen, Schlingen, Zerwühlen! Wonnevolle<br />
Schmerzen des Gebärens! Krachen des Pinsels, am liebsten Durchstoßen der Leinwände,<br />
zertrampeln der Farbtuben!“<br />
Das Zitat stammt nicht von einem malenden Freischärler, sondern vom Maler Max Pechstein 1920.<br />
223<br />
aus www.freiporps.net/zitate.htm<br />
224<br />
s.o.<br />
225<br />
Salomon: Die Geächteten, S. 100, zitiert in Theweleit, Männerphantasien Bd. 2, S 180<br />
226<br />
F. Nord, Der Krieg im Baltikum, zitiert in Theweleit, Männerphantasien Bd. 2, S 181<br />
227<br />
E. Jünger: Feuer und Blut, S. 139 f., zitiert in Theweleit, Männerphantasien Bd. 2, S 121<br />
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