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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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"Was der gewöhnliche deutsche Kleinbürger in aller Stille des Gemütes sich leise zum Trost sagt,<br />

posaunt der Berliner als geistreiche Wendung laut aus. Er ist stolz auf seine lumpige Eigenart und<br />

eigene Lumperei." 326<br />

Wenn also der Kapitalismus im Verständnis der Handwerker, Hausbesitzer, Landwirte und<br />

Intellektuellen der zwanziger Jahre persönlichkeitsfeindlich erscheint, so ist er es, indem er die<br />

Eigenheit der Stände und Lokalitäten nivelliert, zumindest die Unterschiede flacher macht, indem der<br />

deutsche Philister die Freiheit als Eigenheit der Stände und Landschaften definiert, und nicht als<br />

Freiheit des Einzelnen von den Bindungen des Standes und von landschaftlichen Traditionen. Die<br />

<strong>Romantik</strong> und die Historische Schule beherrschten den Freiheitsbegriff, es war ein innerlicher Begriff,<br />

der äußerliche Prügel gewohnt war. Die im zünftigen und korporativen Standesdenken<br />

stehengebliebenen Mittelklassen wollten sich überhaupt nicht von den Beschränkungen des<br />

Mittelalters, von korporatistischen Bezügen losreißen, sie wollten sich nicht wirklich individualisieren.<br />

Liebgewordene Bequemlichkeit, die Verankerung in der heimatlichen Tradition, die Angst vor dem<br />

Wettbewerb beherrschten <strong>das</strong> Denken, die Chancen des Losreißens aus dem Mittelalter schienen<br />

klein gegenüber der Geborgenheit in der muffigen Gewohnheit. Der Reichsdeputationshauptschluß<br />

war nach 1800 unverhofft über die deutschen Stände hereingebrochen und über 100 Jahre später<br />

noch nicht wirklich akzeptiert und verarbeitet.<br />

Deshalb ist die Wählerwanderung von den gemäßigt reformistischen Parteien zu den Konservativen<br />

von Interesse. Die folgende Tabelle zeigt diese Wanderung.<br />

Norddt. Länder DDP DVP Verlust DNVP WP Bilanz<br />

Anhalt 5,3 - 8,9 19,2 + 5,0 - 3,9 18,6 + 3,0 3,2 + 3,2 + 6,2<br />

Braunschweig 5,3 - 1,7 17,7 - 6,5 - 8,2 19,8 + 7,8 + 7,8<br />

Bremen 11,3 - 2,1 17,9 - 6,6 - 8,7 14,0 + 7,7 + 7,7<br />

Hamburg 13,0 - 4,4 12,2 - 2,9 - 7,3 19,5 + 7,0 + 7,0<br />

Lippe 8,9 - 2,7 20,1 - 0,3 - 3,0 23,6 - 0,8 - 0,8<br />

Lübeck 8,2 - 2,3 14,1 - 9,3 - 11,6 16,1 + 5,2 + 5,2<br />

Meckl.-Schwerin 4,1 - 4,2 6,9 - 8,2 - 12,4 28,1 + 6,4 + 6,4<br />

Meckl.-Strelitz 5,8 - 10,0 5,7 - 5,1 - 15,1 27,0 + 1,6 + 1,6<br />

Oldenburg 11,8 - 3,7 13,3 -11,6 - 15,3 17,3 +12,3 0,1 + 0,1 + 12,4<br />

Preußen 5,0 - 2,0 9,3 - 5,4 - 7,4 23,1 + 8,0 2,0 + 1,6 + 9,6<br />

Sachsen 7,8 - 1,3 13,6 - 5,0 - 6,3 19,7 + 2,5 2,8 + 2,8 + 5,3<br />

Schaumburg-Lippe 9,0 - 1,5 15,9 - 8,4 - 9,9 21,7 + 7,5 + 7,5<br />

Thüringen 4,4 - 3,9 12,6 - 2,6 - 6,5 7,6 - 0,2 2,8 + 2,8 + 2,6<br />

Waldeck 7,9 - 5,1 15,7 - 1,8 - 7,9 46,4 + 6,8 0,9 + 0,9 + 7,7<br />

Süddeutsche Länder DDP DVP Verlust DNVP WP Bilanz<br />

Baden 7,9 -4,4 8,0 + 1,2 - 3,2 8,1 - 3,9 - 3,9<br />

Bayern 3,0 - 5,0 0,7 - 6,6 - 11,6 11,6 + 4,6 + 4,6<br />

Hessen 7,4 -3,4 10,6 - 5,4 - 8,8 6,1 k.V. k.V.<br />

Württemberg 9,5 - 5,0 4,4 + 0,5 - 4,5 10,1 - 7,6 0,7 + 0,7 - 6,9<br />

Ostprovinzen DDP DVP Verlust DNVP WP Bilanz<br />

Berlin 8,9 + 1,8 8,4 - 5,7 - 3,9 22,6 + 11,1 4,0 + 1,6 + 12,7<br />

Brandenburg 4,8 - 4,6 8,3 -10,4 - 15,0 39,9 + 20,3 3,5 + 2,1 + 22,4<br />

Niederschlesien 5,3 - 3,5 7,6 - 4,6 - 8,1 29,2 + 9,9 3,2 + 3,2 + 13,1<br />

Oberschlesien 1,7 - 0,6 2,6 - 4,6 - 5,2 17,8 + 3,9 2,0 + 2,0 + 5,9<br />

Ostpreußen 3,5 - 2,1 8,3 - 6,5 - 8,6 38,9 + 7,8 + 7,8<br />

Pommern 2,6 - 1,9 4,7 -15,0 - 16,9 49,5 + 14,0 2,1 + 1,9 + 15,9<br />

Posen-Westpreußen 2,2 - 2,8 5,0 - 5,6 - 9,4 35,0 + 3,7 0,4 + 0,4 + 4,1<br />

Prov. Sachsen 6,0 - 5,1 11,3 - 2,4 - 7,5 25,7 + 8,9 3,0 + 3,0 + 11,9<br />

Schleswig-Holstein 8,0 - 1,4 12,2 - 6,2 - 7,6 31,0 + 9,5 + 9,5<br />

326 s.o. S. 296<br />

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