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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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Stolpersteine auf dem Kriegspfad gegen die Planwirtschaft<br />

Joseph A. Schumpeter war 1917/18 Mitarbeiter des Generalkommissariats für Kriegs- und<br />

Übergangswirtschaft beim k.k. Handelsministerium in Wien gewesen, hatte 1919 in der deutschen<br />

Sozialisierungskommission gesessen und war anschließend sieben Monate österreichischer<br />

Finanzminister gewesen. Er war von Hause aus ein planwirtschaftliches Sumpfgewächs, hatte jedoch<br />

aus der Kenntnis des bürokratischen Milieus heraus und auch durch seine Kenntnis der liberalen<br />

Österreichischen Schule der Nationalökonomie eine kritische Haltung zur uneingeschränkten<br />

Reglementierung. Er mußte wissen, worüber er am 21. September 1928 vor der<br />

Mitgliederversammlung des Reichsverbandes des Deutschen Groß- und Überseehandels sprach. 354<br />

Der Vortrag wirft zusammen mit den Aussagen von Schumpeter vor dem Katellausschuß 1929 ein<br />

Schlaglicht auf die wirtschaftlichen Zustände am Ende der Periode der relativen Stabilisierung und am<br />

Vorabend der Weltwirtschaftskrise.<br />

Um gute Stimmung zu erzeugen, erwähnte Schumpeter eingangs die Pionierrolle des Überseehandels<br />

für <strong>das</strong> moderne Wirtschaftsleben, "als reinsten Repräsentanten des kapitalistischen<br />

Wirtschaftsgeistes", nicht ohne sich die Bemerkung verkneifen zu können, daß die Interessen des<br />

Überseehandels niemals politisch geherrscht hätten.<br />

Der Vortrag ist ein gedämpftes Plädoyer für die Marktwirtschaft und eine Auseinandersetzung mit dem<br />

Glauben an die Planwirtschaft. Für Schumpeter "ist es praktisch durchaus nicht gleichgültig, ob im<br />

ganzen Volk der Glaube lebt, daß jeder Schritt zu planwirtschaftlicher Ausschaltung des<br />

Unternehmers unter allen Umständen ein Fortschritt ist." Dem unter eigener Verantwortung<br />

handelnden kaufmännischen und industriellen Unternehmer stellte Schumpeter die "gebundene<br />

Wirtschaft" gegenüber, unter der er die "grundsätzlich unbegrenzte Beteiligung von Staaten,<br />

Gemeinden usw." verstand, aber auch "alle Formen des planwirtschaftlich regelnden Verhaltens<br />

seitens dieser Körperschaften gegenüber der Sphäre der privaten Wirtschaftsführung". Immer wieder<br />

setzte Schumpeter voraus, daß der Glaube an die Planwirtschaft in Deutschland weitestgehend<br />

Allgemeingut war:<br />

"Da ist z.B. die rein gefühlsmäßige Freude vieler Leute über jeden neuen Staatsbetrieb als<br />

solchen. Jene Sozialisten, die in produktiver Tätigkeit des Staates oder der Gemeinden eine<br />

Sozialisierungsmethode sehen, haben ein Recht darauf, sich über dergleichen zu freuen. Aber<br />

beim Nichtsozialisten ist die Freude vernunftmäßig überhaupt nicht zu erklären..."<br />

Was Schumpeter als Theoretiker vor allem ärgerte, war die nicht nur in der Weimarer Republik<br />

verbreitete Verwechslung von Begrifflichkeiten:<br />

"Die Wirtschaft der privaten Initiative war <strong>das</strong> Resultat eines langen historischen Prozesses."<br />

(Und nicht nur der zersetzenden Wühlarbeit der Juden zu verdanken wie bei Werner Sombart)<br />

"Andererseits hat sich diese Wirtschaftsform ja nie und nirgends völlig durchgesetzt. Nicht nur die<br />

geistige und wirtschaftliche Erbschaft früherer Zeiten, auch ihrem Wesen fremde wirtschaftliche<br />

und soziale Machtpositionen haben sich in ihrem Milieu erhalten, seine Entwicklung gemodelt und<br />

abgelenkt, und so hat sich für die soziale Kritik jene unsterbliche Verwechslung ergeben, Kraft<br />

deren immer dem modernen Wirtschaftssystem vorgeworfen wird, was sich nur daraus erklärt, daß<br />

es sich nicht vollständig durchsetzen konnte."<br />

Sehr widersprüchlich sind die Ausführungen von Schumpeter über die branchenübergreifenden<br />

Wirtschaftsvereinigungen, die Trusts: Der moderne Trust sei eine Unternehmung,<br />

".. die über den Rahmen des einzelnen Betriebes hinauswächst, bis sie die ganze Industrie erfaßt<br />

hat, oder doch ihr beherrschender Faktor geworden ist - dadurch, daß er produktionstechnisch und<br />

organisatorisch einen Fortschritt bedeutet...Irgendwelche Persönlichkeiten von<br />

überdurchschnittlichen Maßen müssen sie schaffen, sonst entsteht sie nicht, und führen, sonst<br />

zerbricht sie."<br />

354 J. A. Schumpeter: Individualismus und gebundene Wirtschaft, www.schumpeter.info/text1~1.htm<br />

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