Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik
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setzte er auf die ornamentale Fülle mittelalterlicher Vorbilder. Morris wird als Vater des Jugendstils<br />
verehrt. 37<br />
Nietzsche und Morris waren die beiden wichtigsten Ideengeber des Jugendstils, der eine schöpfte<br />
aus der griechischen und vorchristlichen Antike, der andere aus isländischen Germanenreichen.<br />
Nietzsches Werk wurde in Weimar verwaltet, Morris Phantasy-Kunsthandwerk war eine Grundlage für<br />
den Jugendstil und <strong>das</strong> Bauhaus in Weimar. In Weimar kreuzten sich die Wege in die vorchristliche<br />
Zeit.<br />
Die Republik wird wegen der Tagung der Nationalversammlung in Weimar nach der Stadt der<br />
deutschen <strong>Klassik</strong> benannt. Diese Deutung ist jedoch oberflächlich. Die Benennung der Republik als<br />
Weimarer Republik ist in ihrer tieferen Schicht mit Anspielungen und Bedeutungen belegt, da die<br />
kulturellen Gegenkräfte der Demokratie von Friedrich Nietzsche, Henry Graf Kessler und Walter<br />
Gropius im nachklassischen Weimar organisiert wurden.<br />
Die regionale Verteilung der Jugendstilbauten in Deutschland ist aufschlußreich. Zentren waren<br />
kleinere Residenzstädte wie Weimar und Darmstadt, wo die Großherzöge viel Geld in<br />
Reformexperimente pumpten. Wo <strong>das</strong> nicht der Fall war, Berlin blieb unter dem Einfluß des Kaisers<br />
bis 1918 dem Neobarock verpflichtet, erblühte auch <strong>das</strong> florale Dekor des Jugendstils nicht so üppig.<br />
In Berlin mit damals 4 Mio. Einwohnern gab es geringfügig mehr Jugendstilbauten, wie in Weimar mit<br />
40.000 Einwohnern. Es handelte sich im wesentlichen um die Staatskunst kleiner mittel- und<br />
süddeutscher Staaten.<br />
Das erklärt auch den plötzlichen Rückgang des gebauten Jugendstils. Mit dem Beginn des Weltkriegs<br />
wurde <strong>das</strong> Baugeld knapp, nach dem Krieg hatten die gekrönten Förderer abgedankt. Nur in<br />
Einzelfällen wie beim monströsen Hamburger Chilehaus war nach dem Krieg noch genug Baugeld<br />
vorhanden. Und in abgelegenen Landstrichen wurden nach dem Weltkrieg noch bescheidene<br />
Jugendstilbauten errichtet: meistens von Bauern und Dorflehrern. Das Bildungsbürgertum wandte sich<br />
unter Sparzwang dem Bauhaus und der Heimatkunst zu.<br />
Die nietzscheanische Kulturrevolution hatte <strong>das</strong> Bildungsbürgertum des Spätkaiserreichs<br />
unterwandert und radikalisiert, antidemokratische Affekte vor und nach dem Ersten Weltkrieg<br />
beweisen <strong>das</strong>: "Der Krieg ist groß und wunderbar" faselte 1914 selbst der sonst so nüchterne Max<br />
Weber, um sich wenige Wochen später wieder zu fangen. Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen<br />
schrieb:<br />
"Es war ein unbeschreibliches Gefühl, diese singenden jungen Männerstimmen durch die Nacht zu<br />
hören und dabei zu wissen, sie ziehen ja alle in den Tod."<br />
Georg Simmel erwartete <strong>das</strong> Weichen des Mammonismus zugunsten einer neuen Gemeinschaft.<br />
Friedrich Naumann, Georg Heym, Robert Musil stimmten ein. Thomas Mann litt wie so viele unter dem<br />
manischen spätkaiserzeilichen Waschzwang:<br />
"Krieg!, Es war eine Reinigung, Befreiung, was wir empfanden, und eine ungeheure Hoffnung."<br />
"Was die Dichter begeisterte, war der Krieg an sich selbst, als Heimsuchung, als sittliche Not. Es<br />
war der nie erhörte, der gewaltige und schwärmerische Zusammenschluß der Nation in der<br />
Bereitschaft zur tiefsten Prüfung - einer Bereitschaft, einem Radikalismus der Entschlossenheit,<br />
wie sie die Geschichte der Völker vielleicht bisher nicht kannte. Aller innerer Haß, den der Komfort<br />
des Friedens hatte giftig werden lassen - wo war er nun?" (...) "Wie hätte der ...Soldat im Künstler<br />
nicht Gott loben sollen für den Zusammenbruch einer Friedenswelt, die er so satt, so überaus satt<br />
hatte."<br />
Mann bekannte sich ausdrücklich zum „Gedankendienst mit der Waffe“, um <strong>das</strong> deutsche Wesen zu<br />
verteidigen. Tausende Federkiele begannen Tinte zu schlürfen, und auf unschuldigem Papier dunkle<br />
Spuren zu hinterlassen wie der von Thomas Mann. Der Schriftsteller Rudolf Burchardt sah gar ähnlich<br />
wie Gerhard Schröder den Kampf um die Verwirklichung des deutschen Wesens und der deutschen<br />
Mission ausgebrochen. 38 Friedrich Gundolf aus dem George-Kreis lobte, <strong>das</strong>s die Deutschen endlich<br />
ein Volk geworden seien, „<strong>das</strong> einzig wahrhaftige, echte, männliche (Gundolf hatte kein Interesse an<br />
37 www.bernd-rothe.de/autoren/william_morris.htm<br />
38 H.-U. Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1914-1949, C.H. Beck, München 2003, S. 14 ff.<br />
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