Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik
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der fehlenden und falschen Analyse der Kriegsursachen wurde bereits die nächste Runde der<br />
internationalen Auseinandersetzungen eingeläutet.<br />
Bereits kurz nach der Wahl zur Nationalversammlung, noch bevor die zukünftige Richtung der<br />
Außenpolitik sich abzeichnete, bevor die ersten außenpolitischen Böcke geschossen wurden, hatte<br />
Konrad Adenauer ein schlechtes Gefühl, er versuchte <strong>das</strong> Unmögliche. Für den 1. Februar 1919 lud er<br />
Vertreter verschiedener Parteien nach Köln ein, um die Rheinische Republik zu gründen. Die<br />
Abtrennung des Rheinlandes sollte die protestantische Fremdherrschaft beenden.<br />
"Nach den Erfahrungen, die Deutschland mit dem Hegemonialstaat Preußen gemacht hat,<br />
nachdem die Hegemonie Preußens nicht zufällig, sondern als Folge eines Systems zum<br />
Zusammenbruch geführt hat, wird Preußens Hegemonie von den anderen Bundesstaaten nicht<br />
mehr geduldet werden....In der Auffassung unserer Gegner ist Preußen der böse Geist<br />
Europas....Preußen wurde nach ihrer Meinung von einer kriegslüsternen, gewissenlosen<br />
militärischen Kaste und dem Junkertum beherrscht, und Preußen beherrschte Deutschland,<br />
beherrschte auch die in Westdeutschland vorhandenen, nach ihrer ganzen Gesinnungsart an sich<br />
den Entente-Völkern sympatisierenden Stämme. Würde Preußen geteilt werden, die westlichen<br />
Teile Deutschlands zu einem Bundesstaat, der Westdeutschen Republik zusammengeschlossen,<br />
so würde dadurch die Beherrschung Deutschlands durch eine vom Geist des Ostens, vom<br />
Militarismus beherrschtes Preußen unmöglich gemacht...."<br />
Das gab Adenauer zu bedenken.<br />
Adenauer sprach am 1. Februar noch von einem deutschen Bundesstaat. Später bekam die<br />
Rheinlandbewegung separatistische Tendenzen. Auf die Rheinische Republik mußte Adenauer 30<br />
Jahre warten, dann ging sein Wunsch in Erfüllung.<br />
Adenauers Konzept war auf die Schwächung des preußischen Militarismus und die Änderung der<br />
außenpolitischen Ziele gerichtet und hätte, selbst wenn Adenauer erfolgreich gewesen wäre nur einen<br />
Teil der Probleme gelöst. Der elitaristische und antimoderne Zeitgeist, der auch West- und noch<br />
stärker Süddeutschland ergriffen hatte, hätte auch in der Rheinischen Republik nicht vernichtet,<br />
sondern bestenfalls gezügelt werden können. Es war eben weniger <strong>das</strong> konservative Altpreußen am<br />
Ausbruch des Weltkriegs schuld, sondern mehr die intellektuelle Gewalts-, Kriegs- und<br />
Reinigungsphantasie der Vorkriegszeit. Die Masse der Deutschen und auch der Rheinländer <strong>braucht</strong>e<br />
einen weiteren verlorenen Weltkrieg und vor allem die Anwesenheit von amerikanischen<br />
Besatzungstruppen, um 1945 den Kurs grundsätzlich zu ändern.<br />
Ähnlich wie im Rheinland ging es in Bayern zu. Auch hier hatte man die Berliner Vorherrschaft satt. Im<br />
Programm der Bauerischen Volkspartei hieß es deshalb:<br />
„Die bisherige weitgehende staats-, wirtschafts- und steuerpolitische Abhängigkeit Bayerns von<br />
dem übermächtigen Norden muss unter allen Umständen aufhören. Wir lehnen auf allen diesen<br />
Gebieten die bisherige einseitige, rücksichtslose preußische Vorherrschaft ab. Jenes Maß<br />
politischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit aber, welches durch die Gemeinsamkeit der<br />
Bedürfnisse der deutschen Staaten von Natur aus sich ergibt, wünschen wir durchaus. Wir werden<br />
uns bestreben, hierfür den geeigneten Rahmen zu finden. Der Forderung, <strong>das</strong>s alle Einzelstaaten<br />
aufgehoben werden und eine einheitliche deutsche Republik geschaffen wird, werden wir den<br />
äußersten Widerstand entgegensetzen. (...) Wir haben es satt, für die Zukunft von Berlin aus bis<br />
ins kleinste regiert zu werden. Berlin darf nicht Deutschland werden und Deutschland nicht Berlin.<br />
Voraussetzung des Zusammenschlusses der deutschen Staaten ist, <strong>das</strong>s die Grundlagen, welche<br />
<strong>das</strong> Wesen der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Selbständigkeit Bayerns bilden, Bayern<br />
verfassungsgemäß gewährleistet und gegen Verfassungsänderungen, die wider den Willen<br />
Bayerns erfolgen könnten, sichergestellt werden. In diesem Sinne fordern wir: Bayern den Bayern.“<br />
Der Herr des Ausnahmezustands<br />
Wie wir gesehen haben, hatten sich die politischen Eliten des Kaiserreichs als Wendehälse über den<br />
militärischen Zusammenbruch gerettet und saßen nun in der verfassungsgebenden<br />
Nationalversammlung. Entsprechend wurde die neue Weimarer Verfassung eine Wiedererfindung der<br />
Institutionen des Kaiserreichs.<br />
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