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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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Die Zentrale des katholischen Volksvereins veröffentlichte 1931 zwei Broschüren mit Aufsätzen<br />

August Piepers zum Nationalsozialismus.<br />

„Für Pieper war der Nationalsozialismus eine Gefahr für den Katholizismus, die Republik und die<br />

Nation. Die rassische Definition verstoße gegen <strong>das</strong> katholische Prinzip der Universalität und der<br />

Gedanke der Rassenzucht sei unmoralisch. Der Nationalsozialismus strebe <strong>das</strong> Staatskirchentum<br />

an und bekämpfe den demokratischen, volksfreiheitlichen Staat, um eine Parteidiktatur zu<br />

errichten.“ (...) „Es gebe jedoch ein Mittel zur Überwindung des Nationalsozialismus: der Versailler<br />

Vertrag müsse fallen, <strong>das</strong> Finanzkapital müsse allein der Produktion dienen, Parteien - und<br />

Fraktionsbürokratien müssen abgeschafft werden und die Listenwahl sollte durch die<br />

Persönlichkeitswahl ersetzt werden. Die Etablierung der Berufsstände sei die Alternative zur<br />

faschistischen Diktatur, die durch eine Volksbewegung verhindert werden müßte.“ 389<br />

„Die Idee der wirtschaftlichen Berufsstände, die der Volksverein nie aufgegeben hatte, bildete die<br />

Brücke zu den gesellschaftlichen Vorstellungen des Vatikans, der diese Ideen in der Enzyklika<br />

,,Quadragesima anno" aufgriff. Die Enzyklika und die Beschlüsse der Fuldaer und Freisinger<br />

Bischofskonferenz legten die neuen Schwerpunkte der Propaganda und Schulungsarbeit des<br />

Volksvereins fest. Sie übertrugen dem Volksverein die Abwehr der bolschewistischen und<br />

kommunistischen Bewegung und der Freidenkerverbände, was die bayerische Bischofskonferenz<br />

festlegte. Die Fuldaer Bischofskonferenz, beschloß, <strong>das</strong>s der Volksverein rechts- und linksradikale<br />

Strömungen abwehren sollte. Der Volksverein gründete daraufhin eine Forschungs- und<br />

Auskunftsstelle über Bolschewismus und Freidenkerverbände, die später mit einer Stelle für<br />

Rechtsradikalismus ergänzt wurde.“ 390<br />

Die Abwehr des Nationalsozialismus auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik erfolgte inspiriert durch den<br />

,,Königswinterer Kreis", der ein Gesprächsforum von Klerikern, Ordensgeistlichen und Laien des<br />

Volksvereins war. Diskutiert wurde nach altem Brauch über die Notwendigkeit einer berufsständischen<br />

Ordnung. Das Zentralkomitee der Katholikentage veranlaßte 1932 <strong>das</strong> neugegründete ,,Institut für<br />

Gesellschafts - und Wirtschaftsordnung", eine Studientagung über die ,,Idee und praktische<br />

Möglichkeiten der berufsständischen Ordnung" zu veranstalten, um die Möglichkeit der Umsetzung<br />

der päpstlichen Konzeption in Deutschland zu diskutieren.<br />

„Ausgangspunkt dafür war die Kritik an der bisherigen Sozialpolitik. Der Staat entwickle sich zum<br />

zentralistischen totalitären Staat, und die Wirtschaft verblute im Klassenkampf. Es seien die<br />

Dezentralisierung des Staates und der korporative Zusammenschluß des Arbeitsmarktes nach<br />

Berufszweigen anzustreben.“ 391<br />

Die Leitlinie war: ,,Soviel Gesellschaft wie möglich, soviel Staat wie nötig!"<br />

Reichskanzler Brüning liefen die Worte des Papstes und der frommen Bischöfe offensichtlich zum<br />

einen Ohre hinein und zum anderen wieder heraus. Es wurden zu wenige und nicht die radikalsten<br />

praktischen Konsequenzen aus den Worten des Heiligen Vaters und der Heiligen Kirche gezogen und<br />

in wirtschaftspolitischer Hinsicht waren die Anweisungen aus Rom nicht so ausgereift, <strong>das</strong>s sie zu<br />

einer Abwehr Hitlers besonders geeignet gewesen wären. Selbst in Amerika huldigte man in den<br />

dreißiger Jahren dem Keynesianismus, es war der internationale Tiefpunkt des Vertrauens in<br />

individualistisches Handeln erreicht. Das Evangelium des Matthäus oder des Lukas mit dem Gleichnis<br />

von den Zentnern sah individuelles Handeln dagegen als vorbildlich an. Wo gab es in<br />

neutestamentarischen Zeiten Zünfte oder Berufsvereinigungen in Jerusalem, Galiläa oder Samaria?<br />

Jesus Christus agierte zu seinen Lebzeiten in einem zunftfreien Raum. Die berufsständischen<br />

Konzepte waren Anfang der dreißiger Jahre in ganz Europa auf dem Vormarsch; Es ist sicher<br />

verkehrt, zu behaupten, <strong>das</strong>s sie im Denken des Faschismus und des Nationalsozialismus keine<br />

zentrale Rolle einnahmen. Darum wäre es zweckmäßig gewesen, einen individualistischen<br />

Gegenentwurf, der sich am neuen Testament orientiert zu verfolgen, statt eine Konkurrenz beim<br />

389 www.hausarbeiten.de: Katharina Runkel, Der Volksverein für <strong>das</strong> katholische Deutschland in der Weimarer<br />

Republik<br />

390 s.o.<br />

391 s.o.<br />

314

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