15.11.2012 Aufrufe

Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

vorbereitete, Deutschland 20 Jahre später noch gründlicher zu renovieren, als der Ausländer<br />

Napoleon <strong>das</strong> seinerzeit bewerkstelligt hatte.<br />

Die Führung des Unternehmens ist nicht mehr Privatsache des Unternehmers<br />

Wie wir bereits gesehen hatten, bestimmte die SPD bereits 1894 ihre Haltung zur zunehmenden<br />

Kartellierung der deutschen Wirtschaft. Die korporatistischen Strukturen seien dem Erreichen des<br />

Sozialismus eher förderlich, so lautete die grundfalsche Grundüberzeugung.<br />

1924 errichtete Mussolini eine korporatistisch fundamentierte Diktatur und auch die NSDAP hatte im<br />

Punkt 25 ihres Programms die Zielvorstellung einer berufsständisch organisierten Gesellschaft<br />

geäußert. Diese Affinität hätte die SPD zu einer Überarbeitung ihrer Haltung zum Korporatismus<br />

motivieren können. Diese Überarbeitung erfolgte auch, allerdings erst Ende der 40er Jahre, nachdem<br />

der Korporatismus in seiner extremsten Ausprägung in Italien und Deutschland buchstäblich<br />

abgewirtschaftet hatte.<br />

In den zwanziger und dreißiger Jahren blieben SPD und Gewerkschaften im staatsmonopolistischen<br />

Denken verhaftet. Die beiden tonangebenden Theoretiker dieser Richtung waren Rudolf Hilferding<br />

und Fritz Naphtali.<br />

„Durch Übernahme zentraler Positionen Bernsteins reformulierte Hilferding in der Weimarer<br />

Republik seine Theorie dahingehend, <strong>das</strong>s der organisierte Kapitalismus nicht nur die reifste<br />

kapitalistische Spielart war, sondern auch die krisenfestere, planerischere und politisierbarere –<br />

kurz, <strong>das</strong>s er nicht nur ein sozialistisches Potential, sondern tatsächlich bereits sozialistische<br />

Elemente in sich trug und deshalb einen evolutionären, stetigen Übergang zum Sozialismus, auf<br />

dem Weg fortschreitender Konzentration, Organisation und Planung erlaubte.“ 362<br />

Die Grundsatzkommission des ADGB um Fritz Naphtali ließ 1928 verlauten:<br />

„Wir glauben, <strong>das</strong>s von dieser Entwicklung zum organisierten Kapitalismus in letzter Linie ein<br />

großer Antrieb der Entwicklung zur Demokratisierung der Wirtschaft ausgehen wird und bereits<br />

auszugehen beginnt.“<br />

Auf dem Kieler Parteitag der SPD 1927 referierte Hilferding:<br />

„Wir haben heute alle <strong>das</strong> Gefühl, <strong>das</strong>s auch der Privatbetrieb, die Wirtschaftsführung des<br />

einzelnen Unternehmers aufgehört hat, Privatsache dieses Unternehmers zu sein. ...Führung des<br />

Unternehmens ist nicht mehr Privatsache des Unternehmers, sondern gesellschaftliche<br />

Angelegenheit.“<br />

1926 verkündete Hilferding im Reichstag:<br />

„Weil dem Kapitalismus der Sozialismus immanent ist, weil die Organisation, die der Kapitalismus<br />

in der Wirtschaft schafft, schließlich in die demokratische Kontrolle dieser Wirtschaft durch die<br />

große Masse der Produzenten wird umschlagen müssen, gerade deshalb sagen wir: ... Wir treten<br />

ein für eine Staatsmacht, die diese gesellschaftliche Kontrolle vorbereitet und erweitert...“<br />

Ebenfalls 1926 war in einer Entschließung des Reichsbeirats der Betriebsräte des Deutschen<br />

Metallarbeiter-Verbands zu lesen:<br />

„Der Zusammenschluß der Industrie zu Trustgebilden und die Ausdehnung von Kartellen und<br />

ähnlichen Organisationen, die im Rahmen der Volkswirtschaft oder international eine<br />

monopolistische Beherrschung des Marktes erstreben, wird von der Arbeiterschaft als der<br />

Ausdruck einer Entwicklung des Hochkapitalismus erkannt, in der erste Ansätze zur Überwindung<br />

der Produktionsanarchie durch eine geregelte Wirtschaft sichtbar werden.“<br />

362 Martin Höpner: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und organisierter Kapitalismus, MPlfG<br />

Discussion Paper 04/10, S. 14. Aus dieser Arbeit wurden alle Ziatate dieses Abschnitts übernommen.<br />

278

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!