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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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Programmatische Parallelen zwischen der Linken und der DNVP ergeben sich hinsichtlich eines<br />

militanten Antikapitalismus, des Antikatholizismus, der in Preußen immer mit Polenfeindlichkeit<br />

versetzt war, und des Antisemitismus, der zu DDR-Zeiten unter der Fahne des Antizionismus segelte<br />

und sich bei der Linken wie schon zu SED-Zeiten zur Kritik an Israel verpuppt hat. Der Unterschied ist<br />

<strong>das</strong> Verhältnis der frühen DNVP zur protestantischen Religion und damit zu den Grundrechten und<br />

Grundfreiheiten. In der späten DNVP der 30er Jahre relativierte sich diese Unterscheidung.<br />

Monarchismus und Protestantismus wurden dem bündischen Neokonservatismus geopfert.<br />

Ein Wahlplakat der DNVP, welches aus rechtlichen Gründen hier nicht wiedergegeben wird, von 1918<br />

zeigte: Viele der dargestellten politischen Gegner waren Juden. Um <strong>das</strong> zu verdeutlichen wurden<br />

markante Physiognomien mit langen Nasen im Profil dargestellt<br />

Eine Ironie der Geschichte muß hier angemerkt werden. Die republikanischen Parteien haben sich mit<br />

der Weimarer Verfassung für <strong>das</strong> Herabsetzen des Wahlalters und für <strong>das</strong> Frauenwahlrecht stark<br />

gemacht und diese Wahlrechtsreformen letztlich durchgesetzt. Aber so wie in Sachsen-Anhalt 1998<br />

fast die Hälfte der Jungwähler die DVU gewählt hat, so war die DNVP in den zwanziger Jahren einer<br />

der Hauptnutznießer des Frauenwahlrechts.<br />

Das Generationenproblem bei den Konservativen<br />

Wie an der Hohen Pforte in Konstantinopel gab es bei den Konservativen erneuerungswütige<br />

politische Jungtürken. Ähnlich wie in der fernen Türkei handelte es sich meistens um jüngere Offiziere.<br />

Der Prototyp der älteren Riege war Feldmarschall von Hindenburg. Er gab sich dezidiert bildungsfern<br />

und er nahm tatsächlich von den reformistischen Ideen wenig Notiz. Nach eigenem Bekunden hatte er<br />

nur die Bibel und <strong>das</strong> Exerzierreglement gelesen. Das entsprach sicherlich nicht ganz der Wahrheit,<br />

Hindenburg schuf mit dieser pointierenen Zuspitzung jedoch zielsicher <strong>das</strong> Bild von sich selbst, <strong>das</strong> er<br />

in die Öffentlichkeit transportieren wollte: Als unverrückbarer Wellenbrecher neben dem aufgewühlten<br />

Meer um den heimatlichen Hafen zu schützen, als knorrige Eiche über dem windgepeitschten<br />

Gerichtsplatz, als gewaltiger erratischer Block im Strom der Zeit.<br />

„Alte Soldatenpflicht verlangt von mir in dieser schweren Zeit, auf meinem Posten zu verharren, um<br />

<strong>das</strong> Vaterland vor Erschütterungen zu bewahren.“<br />

So erklärte er seine erneute Kandidatur zum Reichspräsidentenamt 1932. Grundsatzfest, immobil und<br />

überzeitlich präsentierte er sich den in Wallung geratenen Deutschen. Für eine Vaterfigur durchaus<br />

ein sinnvolles Profil.<br />

Dabei teilte er althergebrachte konservative Ressentiments mit den Antikapitalisten der<br />

Jugendbewegung: Noch am 15. Juni 1918 hatte er seinem Kaiser folgenden Ohrenschmaus bereitet:<br />

„Das deutsche Volk ist beim Ausbruch des Krieges sich nicht darüber klar gewesen, was dieser<br />

Krieg bedeuten wird. Ich wußte es ganz genau, deswegen hat mich auch der erste Ausbruch der<br />

Begeisterung nicht getäuscht oder irgendwie in meinen Zielen und Erwartungen eine Änderung<br />

hervorbringen können. Ich wußte ganz genau, um was es sich handelte, denn der Beitritt Englands<br />

bedeutete einen Weltkampf, ob gewollt oder nicht. Es handelte sich nicht um einen strategischen<br />

Feldzug, es handelte sich um den Kampf von zwei Weltanschauungen. Entweder soll die<br />

preußisch-deutsch-germanische Weltanschauung, Recht, Freiheit, Ehre und Sitte, in Ehre bleiben,<br />

oder die angelsächsische, <strong>das</strong> bedeutet: dem Götzendienste des Geldes verfallen. Die Völker der<br />

Welt arbeiten als Sklaven für die angelsächsische Herrenrasse, die sie unterjocht. Die beiden<br />

Anschauungen ringen miteinander, und da muß die eine unbedingt überwunden werden; und <strong>das</strong><br />

geht nicht in Tagen und Wochen, auch nicht in einem Jahre. Dieses war mir klar; und da danke ich<br />

dem Himmel, daß er Eure Exzellenz und Sie, mein lieber General, mir als Berater zur Seite gestellt<br />

hat. Daß <strong>das</strong> deutsche Volk und Heer - Volk und Heer ist ja jetzt <strong>das</strong>selbe - zu Ihnen voll<br />

Dankbarkeit hinaufblickt - brauche ich nicht zu sagen. Ein jeder draußen weiß, wofür er kämpft, <strong>das</strong><br />

gibt der Feind selbst zu, und infolgedessen werden wir den Sieg erringen. Den Sieg der deutschen<br />

Weltanschauung, den gilt es. Ich trinke mein Glas auf <strong>das</strong> Wohl der hohen Führer meines Heeres,<br />

des Generalstabes und des gesamten deutschen Heeres. Hurra.“<br />

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