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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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Der Ausspruch „Schlagt sie tot! Das Weltgericht fragt euch nach den Gründen nicht!“, stammte<br />

originär übrigens von einem preußischen Selbstmörder, Heinrich von Kleist.<br />

Gerhard Hauptmann faselte unter der Überschrift „Komm, wir wollen sterben gehn“:<br />

Diesen Leib, den halt´ ich hin<br />

Flintenkugeln und Granaten:<br />

Eh´ ich nicht durchlöchert bin,<br />

kann der Feldzug nicht geraten.<br />

Ähnlich todessüchtig reimte der Arbeiterdichter Heinrich Lersch im Gedicht Soldatenabschied:<br />

Nun lebet wohl, ihr <strong>Menschen</strong>, lebet wohl!<br />

Und wenn wir für euch und unsre Zukunft fallen,<br />

Soll als letzter Gruß zu euch herüberhallen:<br />

Nun lebet wohl, ihr <strong>Menschen</strong>, lebet wohl!<br />

Ein freier Deutscher kennt kein kaltes Müssen:<br />

Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen!<br />

Ob Deutschland wirklich leben müsse, bezweifelte der schwule Wanderer zwischen den Welten,<br />

Walter Flex, der mit gezogenem Säbel auf einem herrenlosen Kosakenpferd seiner Einheit vorausritt,<br />

bis eine Kugel ihn traf:<br />

Wie es dem Manne geziemt, in kräftiger Lebensmitte zuweilen an den Tod zu denken, so mag er<br />

auch in beschaulicher Stunde <strong>das</strong> sichere Ende seines Vaterlandes ins Auge zu fassen, damit er<br />

die Gegenwart desselben um so inbrünstiger liebe; denn alles ist vergänglich und dem Wechsel<br />

unterworfen auf dieser Erde. Oder sind nicht viel größere Nationen untergegangen, als wir sind.<br />

Oder wollt Ihr einst ein Dasein dahinschleppen wie Der ewige Jude, der nicht sterben kann,<br />

dienstbar allen neu aufgeschlossenen Völkern, er der die Ägypter, die Griechen und Römer<br />

begraben hat?<br />

Nein! Ein Volk welches weiß, <strong>das</strong>s es einst nicht mehr sein wird, nützt seine Tage umso<br />

lebendiger, lebt um so länger und hinterlässt ein rühmliches Gedächtnis; denn es wird sich keine<br />

Ruhe gönnen, bis es die Fähigkeiten, die in ihm liegen, ans Licht und zur Geltung gebracht hat,<br />

gleich einem rastlosen Manne, der sein Haus bestellt, ehe denn er dahinscheidet......Der<br />

Gedanke an den Heldentod eines Volkes ist nicht schrecklicher als der Schwerttod eines<br />

<strong>Menschen</strong>. Nur <strong>das</strong> Sterben ist hässlich bei <strong>Menschen</strong> und Völkern.<br />

Aber wenn ein Mann den tödlichen Schuß, der ihm die Eingeweide zerreißt, empfangen hat, dann<br />

soll keiner mehr nach ihm hinsehen. Denn was dann kommt, ist hässlich und gehört nicht mehr zu<br />

ihm. Das Große und Schöne, <strong>das</strong> heldische Leben ist vorüber. So muß es auch sein, wenn ein<br />

Volk seinen Todesstreich empfangen hat, - was danach kommt, darf niemand mehr seinem Leben<br />

zurechnen, es ist kein Teil davon....<br />

Alles was 1945 im Führerbunker über Deutschland noch einmal gedacht wurde, war schon längst<br />

gedacht. Adolf Hitler war noch politischer Quark im Schaufenster, er war noch Gefreiter im<br />

schlammigen Schützengraben, als Flex bereits über <strong>das</strong> Ende Deutschlands philosophierte. 42 Was auf<br />

Seite 7 des Wanderers steht, traf dennoch gerade auf Hitler zu. Dieser nahm später nur den Platz ein,<br />

den ihm die Dichter und Denker angewiesen hatten:<br />

Nur wer beherzt und bescheiden die ganze Armseligkeit der Vielen, ihre Freuden und Gefahren<br />

mitträgt, Hunger und Durst, Frost und Schlaflosigkeit, Schmutz und Ungeziefer, Gefahr und<br />

Krankheit leidet, nur dem erschließt <strong>das</strong> Volk seine heimlichen Kammern, seine Rumpelkammern<br />

und seine Schatzkammern. Wer mit hellen und gütigen Augen durch diese Kammern<br />

hindurchgegangen ist, der ist wohl berufen, unter die Führer des Volks zu treten.<br />

Richard Dehmel, nach dem man heute noch Straßen benennt, goß Nietzsches Gedanken, <strong>das</strong>s nur<br />

Blut Geist ist, in folgendes Kriegsgedicht:<br />

42 Julius Streicher 1945 vor dem Kriegsverbrechertribunal: „...jetzt erkenne ich, <strong>das</strong>s die Juden Entschlossenheit<br />

und Mut haben. Sie werden noch die Welt beherrschen, denken sie an mein Wort! Und ich wäre froh, wenn ich<br />

mithelfen könnte, sie zum Sieg zu führen, weil sie stark und zäh sind.“ Das war vom Standpunkt der<br />

Jugendbewegung konsequent. Nietzsche hatte ja nicht behauptet, <strong>das</strong>s Deutsche die Übermenschen seien, im<br />

Gegenteil hatte er den Juden den Willen zur Macht bescheinigt.<br />

42

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