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Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik

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Der Kapitalismus könne, bevor er gebrochen wird, gebogen werden, meinte Fritz Naphtali 1928. Viele<br />

Gewerkschafter und Sozialdemokraten bogen sich ihre kleine sozialistische Welt zurecht, bevor sie als<br />

Organisation oder Partei gebrochen wurden.<br />

Ende 1929 war die ideologische Seifenblase von der Krisenfestigkeit des korporatistischen<br />

Wirtschaftsmodells durch den Beginn der Weltwirtschaftskrise zerplatzt. Die Zunftstrukturen waren so<br />

fragil, ja eigentlich noch anfälliger als andernorts Wettbewerbssysteme. Noch vier Jahre später war<br />

klar, <strong>das</strong>s auf die Entmündigung der Kapitalisten durch allmächtige Kartellorganisationen die<br />

Entmündigung der Bürger durch den allmächtigen Staat mit jener Naturgesetzlichkeit folgte, wie im<br />

Gewitter der Knall auf den Blitz folgt.<br />

Verteilung der Kriegslasten und Kapitalmangel<br />

Durch die ganze Weimarer Republik zog sich der Jammergesang über den Kapitalmangel.<br />

Exemplarisch sei hier eine Denkschrift des Reichsverbandes der Deutschen Industrie vom 2.<br />

Dezember 1929 wiedergegeben, soweit es sich um <strong>das</strong> Thema des Kapitalmangels handelte:<br />

Leitsätze für die Umstellung der deutschen Wirtschaftspolitik.<br />

A. Kapitalbildung.<br />

1. Ausgangspunkt für alle Maßnahmen der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ist unter den<br />

für die deutsche Wirtschaft gegebenen Umständen die Förderung der Kapitalbildung. Sie ist<br />

die Voraussetzung für die Steigerung der Produktion und liegt daher im Interesse aller<br />

Schichten des deutschen Volkes.<br />

2. Die verschiedenen Möglichkeiten der Kapitalbildung müssen nach ihrem<br />

volkswirtschaftlichen Nutzen abgewogen werden. Die Beantwortung der Frage, wo am<br />

zweckmäßigsten Kapital zu bilden und wie es zu verwenden ist, hat auf Jahre hinaus<br />

entscheidende Bedeutung.<br />

3. Um größtmögliche Wirtschaftlichkeit zu erzielen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und den<br />

Lebensbedarf der breiten Massen zu befriedigen, muss vor allem die Kapitalbildung<br />

gefördert werden, die auf kürzestem und sicherstem Wege <strong>das</strong> neu gebildete Kapital der<br />

Produktion zuführt.<br />

4. Die Unternehmungen müssen über die Sicherung der Rentabilität hinaus Eigenkapital<br />

bilden können.<br />

5. Die deutsche Wirtschaft muss von allen unwirtschaftlichen Hemmungen befreit werden. Die<br />

Vorbelastung der Produktion durch Steuern ist auf <strong>das</strong> unumgänglich notwendige Maß<br />

zurückzudämmen.<br />

Tatsächlich waren Industrie und Banken zunehmend von ausländischen Krediten abhängig. Die<br />

Problematik der Verschuldung der deutschen Wirtschaft hing eng mit dem Problem der Arbeitskosten<br />

und mit der wachsenden Arbeitslosigkeit zusammen, bis zu einem gewissen Grade auch mit der<br />

Reparationsproblematik. Die deutsche Wirtschaft, egal ob es sich um die Industrie oder die<br />

Landwirtschaft handelte, war nach dem ersten Weltkrieg ausgelaugt. Am bildlichsten zeigte sich <strong>das</strong><br />

am Zustand der Böden, die im Weltkrieg kaum gedüngt worden waren, und wo die Folgeschäden in<br />

Form geringer Hektarerträge bis in die 30er Jahre zu beobachten waren. Ebenso war auch in der<br />

Industrie ein Investitionsstau entstanden. Nach dem Krieg mußten Millionen von Frontrückkehrern in<br />

den Arbeitsmarkt integriert werden, gleichzeitig standen die starken Alterskohorten der Jahrgänge<br />

1900 bis 1915 vor den Toren der Werkstätten, Fabriken und Kontore, um eine Ausbildung zu<br />

beginnen. Es wurden Modernisierungs- und Erweiterungsinvestitionen und der Ersatz verschobener<br />

Instandhaltung benötigt. Es wäre eigentlich <strong>das</strong> Ansparen von Eigenkapital nötig gewesen, um alle die<br />

genannten Kriegsfolgen zu beseitigen und die Vorkriegsproportionen der Wirtschaft zu erreichen.<br />

Viele Geldvermögen waren jedoch in Kriegsanleihen geflossen, und der Krieg war verloren, <strong>das</strong><br />

flüssige Kapital im Reich war von den Expressionisten im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert<br />

worden.<br />

"Den Tag festlich zu begehen, verbietet die sorgenschwere Gegenwart, die unsere Gemüter bedrückt<br />

und eine freudige Stimmung nicht aufkommen läßt." So schrieb der Vorstand der Deutschen Bank im<br />

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