Wolfgang Prabel Neue Menschen braucht das ... - Klassik & Romantik
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Malerei, fast alles drehte sich um die Sonne, die Sonne hatte hohen Symbolgehalt. Dieser<br />
Symbolgehalt sollte den weiteren Wandel der Werte überstehen.<br />
Über mindestens zwei Jahrzehnte war die Lebensreform eine Krankheit der Metropolen und der<br />
Provinzstädte. Das Land wurde kaum berührt, weil die <strong>Menschen</strong> auf dem Lande zu sehr mit<br />
existenziellen Fragen beschäftigt waren. Die Lieferung von eigens hergestellter steriler Reformmilch<br />
nach Weimar seitens des Gutes, die Veröffentlichung des hochinteressanten Futterplans der Reform-<br />
Rindviecher in der Weimarer Tagespresse und ein von der Gemeinde finanzierter Ausflug des Lehrers<br />
zum Turnertreffen nach Bad Kösen waren die einzigen schriftlich dokumentierten reformatorischen<br />
Aktivitäten in einem kleinen Ort vor den Toren von Weimar zwischen 1890 und 1930.<br />
Die Reform mußte popularisiert und von obskurantistischen Details bereinigt werden, für breite<br />
Massen verdaulich gemacht, <strong>das</strong> war die eigentliche Arbeit Hitlers in der zweiten Hälfte der zwanziger<br />
Jahre. Übrig blieben die Sonne, die frische Luft, der Sport, der Führerkult, der Jugendkult, ein<br />
unscharfer Atheismus und der Schönheitswahn. Diese zentralen nietzscheanischen Botschaften<br />
begleiteten die Massen in die neue Zeit.<br />
Viele bahnten den Weg in diese neue sonnendurchflutete Zeit; auch die Lieder der Arbeiterbewegung<br />
priesen <strong>das</strong> Licht, welches in die Nacht führte, nicht ohne den Märtyrertod zu preisen:<br />
Brüder, zur Sonne, zur Freiheit, Brüder zum Lichte empor.<br />
Hell aus dem dunklen Vergangnen leuchtet die Zukunft hervor.<br />
Seht nur den Zug der Millionen endlos aus Nächtigem quillt,<br />
bis eurer Sehnsucht Verlangen Himmel und Nacht überschwillt.<br />
Brüder, in eins nun die Hände, Brüder <strong>das</strong> Sterben verlacht:<br />
Ewig der Sklaverei ein Ende, heilig die letzte Schlacht.<br />
Das Lied wurde 1897 in einem finsteren russischen Gefängnis von Leonid P. Radin nach einem<br />
Volkslied gedichtet und 1918 von Hermann Scherchen deutsch nachgearbeitet.<br />
In der Architektur gab es ebenfalls die Bewegung zum Licht. 1924 wurde im Klub der Architekten in<br />
Brno eine Vortragsreihe zur modernen Kultur gehalten. Verschiedene Architekturkonzepte prallten bei<br />
dieser Gelegenheit aufeinander: Auguste Perret ging in traditioneller Auffassung davon aus, <strong>das</strong>s<br />
Architektur Konstruktion sei; Le Corbusier meinte, <strong>das</strong>s Architektur <strong>das</strong> genaue, großartige und<br />
kunstvolle Spiel der Formen im Licht, geschaffen durch Grundriß und Baukörper sei. Walter Gropius<br />
setzte seine extremere Position dagegen: "Architektur, <strong>das</strong> ist Hygiene, Raum und Wissenschaft."<br />
1926 hatte Le Corbusier einen 1. Preis beim Wettbewerb für den Palast der Nationen in Genf<br />
errungen; beauftragt wurde jedoch der zweite Sieger, der einen historistischen Entwurf eingereicht<br />
hatte. Le Corbusier sann auf Rache und initiierte den "Internationalen Kongresses für Moderne<br />
Architektur" vom 25.-29. Juni 1928 in La Sarraz (Schweiz). In der Erklärung von La Sarraz, die einer<br />
Architektendiktatur <strong>das</strong> Wort redete, wurden die Architekten darauf eingeschworen, mehr Einfluß auf<br />
öffentliche Meinung ausüben. Die schlecht unterrichtete Bevölkerung müsse durch Erziehung<br />
Grundlagen vermittelt bekommen, damit sie in Zukunft gegenüber den Achitekten die richtigen<br />
Forderungen zum Wohnungsproblem stellen kann. 368<br />
„Die Gründungserklärung der CIAM kann man als Ausgangspunkt für einen kontinuierlichen<br />
Prozeß konzeptioneller Arbeit bis zum IV Kongreß 1933 in Athen über die <br />
sehen. Dieser Kongreß fand jedoch nicht nur in Athen, sondern auch auf der Dampferreise<br />
Marseille-Athen und zurück statt. Auf Grundlage einer Analyse von 33 Städten sollte eine Charta<br />
über den Städtebau ausgearbeitet werden. Die 100 Teilnehmer aus 20 Nationen kamen alle (bis<br />
auf die Ausnahme des indonesischen Teilnehmers) aus dem abendländischem Kulturkreis.<br />
Auf der Abschlußsitzung des 4. Kongresses der CIAM an Bord der Patris II am 13. August 1933<br />
verlas Le Corbusier einen Entwurf der "Resolution", der jedoch erst im September 1933 in der<br />
"Gazette des Beaux-Art", Paris, veröffentlicht wurde. Die Abschlußerklärung dieses Kongresses<br />
hat Le Corbusier 1943 mit Kommentaren versehen als publiziert. So<br />
einheitlich, wie Le Corbusier in dieser Publikation berichtet, waren jedoch die Positionen nicht. Die<br />
368 www.isl.uni-karlsruhe.de/module/charta_von_athen/charta_von_athen.html<br />
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