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Die militärischen Handlungsschemata der ... - Dr. Alois Mock

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Dezember 1994 vor dem Ruin <strong>der</strong> UN wie <strong>der</strong> NATO: „Am Ende haben sich die<br />

Vereinten Nationen diskreditiert, die NATO ist ruiniert, Europa ist demoralisiert, weil<br />

es nicht gelungen ist, die erste Krise nach Ende des Kalten Krieges zu bewältigen.“<br />

Zur selben Zeit warnt ein US-Geheimdienstbericht den amerikanischen<br />

Verteidigungsminister Perry vor einer Zerreißprobe <strong>der</strong> NATO wegen Bosnien:<br />

Frankreich wolle einen Keil zwischen Großbritannien und die USA treiben; die<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> USA nach Luftangriffen auf die serbischen Belagerer Bihacs habe die<br />

Gräben bereits vertieft. „Wir riskieren nicht nur den Verlust Bosniens, son<strong>der</strong>n auch<br />

<strong>der</strong> NATO“, heißt es in dem Bericht. 36 Ende 1994 ist also nicht nur für die bosnischen<br />

Kriegsparteien, son<strong>der</strong>n auch für die NATO-Lead-Nation USA ein entscheidener<br />

Zeitpunkt für das weitere Handling des jahrelangen Problems Ex-Jugoslawien.<br />

<strong>Die</strong> Erwartungshaltung an den Waffenstillstand, <strong>der</strong> Ende Dezember 1994 für<br />

Bosnien in Kraft tritt und auf drei Monate anberaumt ist, ist bei Beobachtern und<br />

Kriegsparteien gleichermaßen gering. <strong>Die</strong> Motive <strong>der</strong> Kriegsparteien, einem<br />

Waffenstillstand zuzustimmen, sind allzu offensichtlich. Neben <strong>der</strong> generellen<br />

strategischen Balance <strong>der</strong> Kräfte in Bosnien-Herzegowina ist auch <strong>der</strong><br />

Wintereinbruch ein zusätzlicher Anreiz für den Waffenstillstand, <strong>der</strong>, abgesehen von<br />

den Verletzungen im üblichen Ausmaß, anfangs weitgehend eingehalten wird. <strong>Die</strong><br />

bosnischen Serben sind ausgepowert und brauchen nach den schweren Kämpfen<br />

gegen die Moslems vor allem bei Bihac eine Pause, die Kroaten planen bereits die<br />

Rückeroberung <strong>der</strong> serbisch besetzten Gebiete im Mutterland und die Moslems<br />

wollen weiter aufrüsten und die Truppe neu organisieren, um 1995 voll in den echten<br />

„Befreiungskampf“ einsteigen zu können.<br />

Dennoch - nach wie vor kann keine Seite damit rechnen, in absehbarer Zeit einen<br />

kriegsentscheidenden Schlag führen zu können. Obwohl eine echte und ständige<br />

gemeinsame Operationsführung kroatischer und moslemischer Verbände gegen die<br />

bosnisch-serbische Armee bislang nicht realisiert werden konnte, zeichnet sich<br />

immer deutlicher ab, daß die serbischen Kräfte längerfristig gegenüber <strong>der</strong> ABiH ihre<br />

noch verbliebenen Vorteile einbüßen würden. <strong>Die</strong> sukzessive Aufrüstung <strong>der</strong><br />

moslemischen Armee würde sich aller Voraussicht nach 1995 nicht angenehm für<br />

die bislang erfolgverwöhnten Serben bemerkbar machen. Auf dem personellen<br />

Sektor ist zu erwarten, daß die VRS in Bosnien selbst im Gegensatz zu den<br />

Moslems und Kroaten keine entscheidenden Reserven mehr mobilisieren würde<br />

können und sich die eigene Truppe zunehmend abgekämpft und frustriert zeigen<br />

36 William J. Perry, Eine NATO für ganz Europa, einschließlich Russlands. In: Amerika-dienst, U.S.<br />

Information Service, 15. Februar 1995, S. 1-6. Zit. nach Johannes Vollmer, Dayton - eine Pax<br />

Americana. In: Europäische Rundschau, Vierteljahreszeitschrift für Politik, Wirtschaft und<br />

Zeitgeschichte, 24. Jahrgang, Nummer 96/2. S. 5<br />

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