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Die militärischen Handlungsschemata der ... - Dr. Alois Mock

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“Hintertür” von Livanjsko Polje in die Krajina strömen. Wie schnell die Kroaten<br />

vorrücken und wie fluchtartig die serbische Bevölkerung die Krajina verläßt zeigt ein<br />

Lokalaugenschein in Obrovac kurz nach <strong>der</strong> Einnahme durch die Kroaten: “In den<br />

wenigen kleinen und ärmlich eingerichteten Kaffees stehen die Tassen und<br />

Bierflaschen noch auf den Tischen; manche sind halbvoll - Anzeichen dafür, daß<br />

sich die Menschen, die hier einmal lebten, Hals über Kopf davongemacht haben und<br />

alles an<strong>der</strong>e stehen und liegenließen. In einem Restaurant an <strong>der</strong> Hauptstraße ist<br />

<strong>der</strong> Tisch noch gedeckt...” 1236<br />

Um 17.00 Uhr dieses zweiten Tages ist nicht nur Obrovac, son<strong>der</strong>n sind rund 90<br />

Prozent <strong>der</strong> Krajina in kroatischer Hand, nur kleine Wie<strong>der</strong>standsgruppen halten<br />

rund um die weiter nördlich gelegenen Städte Topusko und Glina aus. 1237 Manche<br />

sind bereits zu dem Zeitpunkt, Samstag abend, <strong>der</strong> Meinung “the entire Krajina Serb<br />

army seemed to have vanished.” 1238 Trotzdem haben die Kroaten ihre Ziele noch<br />

nicht vollständig erreicht. Nicht nur die serbische Armee, auch die Zivilisten müssen<br />

ebenso aus <strong>der</strong> Krajina verschwinden. Dafür sorgen aber oft schon die Serben<br />

selbst.<br />

Zuvor aber noch zum propagandistisch mit Abstand Wertvollsten des gesamten<br />

Feldzuges, dem eigentlichen Ziel, das an diesem Samstag erreicht wird. Nach<br />

heftigem Granatenbeschuß wird Knin nach vier Jahren kroatischer Abwesenheit<br />

eingenommen. 1239 <strong>Die</strong> serbische Führung flüchtet nach Bosnien auf serbisch<br />

kontrolliertes Gebiet. Und nicht nur die militärische und politische Krajina-Spitze, fast<br />

alle Menschen sind weg. Beinahe alle Städte, in die die kroatischen Truppen<br />

einrücken, sind menschenleer. Nur wenige Serben, meist ältere, die physisch auch<br />

nicht mehr in <strong>der</strong> Lage waren, zu flüchten - vertrauen dem Aufruf Tudjmans und<br />

bleiben in ihren Häusern. <strong>Die</strong> meisten waren schon vor den herannahenden<br />

Kampflärm geflohen, wobei die Panik vom serbischen Rundfunk noch angeheizt<br />

worden war. In einer Verlautbarung von “Präsident” Martic hatte es geheißen, daß<br />

die Kroaten über unbeschränkte Mengen an Granaten und Raketen verfügten, “mit<br />

denen sie pausenlos Dörfer und Städte zerstören”. So wirken Serben und Kroaten<br />

bei <strong>der</strong> Entvölkerung <strong>der</strong> Krajina fast “arbeitsteilig” zusammen. <strong>Die</strong> serbische<br />

Führung ruft zur Flucht auf, die Kroaten lassen auch eigenen Angaben zufolge zwei<br />

1236 Neue Zürcher Zeitung, Donnerstag, 10. August 1995. S. 3<br />

1237 O’Shea, Crisis at Bihac. S. 227<br />

1238 Time, August 14, 1995. S. 16<br />

1239 <strong>Die</strong>s ist wohl <strong>der</strong> Grund, warum <strong>der</strong> 5. August heute in Kroatien ein Staatsfeiertag („Tag des<br />

patriotischen Dankes“) ist. APA 047, 4. August 2001<br />

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