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Die militärischen Handlungsschemata der ... - Dr. Alois Mock

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nunmehr vorbei sein. Und in seinem Habitus, seiner Selbstinszenierung zeigt<br />

Tudjman das jetzt auch. „Sein bevorzugter Auftrittsort war aber weniger das<br />

Schlachtfeld als das Konferenzzimmer. Da konnte er sich stundenlang über das<br />

Kroatentum verbreiten. O<strong>der</strong> seine Feinde. Jeden Winkelzug, den ein Staatsmann<br />

sonst kaschiert, pflegte er umständlich zu erläutern. Eigentlich war er <strong>der</strong> typische<br />

Professor - in <strong>der</strong> Art, wie er auftrat, sprach, gestikulierte. <strong>Die</strong> Mundwinkel nach<br />

unten, Zeigefinger nach oben. Steif, eckig, die Schultern hochgezogen. Auch ein<br />

Beamter steckte tief in ihm. Kein Volksführer mit großer Geste, rauer Stimme, festem<br />

Schritt. Eher trippelnd, zwinkernd, stockend.“ 219 Auch spielt er gern „den Geopolitiker<br />

mit dem Hang zur großen Geste. Bei einem Bankett in London am 6. Mai 1995<br />

zeichnete er dem britischen Liberalen-Führer Paddy Ashdown seine Vision vom<br />

Balkan auf die Serviette: eine Linie mitten durch Bosnien-Herzegowina – links die<br />

Kroaten, rechts die Serben. Und wo bleiben die Muslime, fragte <strong>der</strong> Brite. Kein Platz,<br />

sagt Tudjman. Präsident Alija Izetbegovic wolle mitten in Europa einen islamischen<br />

Staat errichten, behauptet <strong>der</strong> Kroate. Der Westen werde noch dankbar sein, dass er<br />

sich dieses Problems annehme.“ 220 <strong>Die</strong>se Aussage Tudjmans ist - wenn korrekt<br />

wie<strong>der</strong>gegeben - doppelgründig-zynisch. Denn schon längst sorgt „<strong>der</strong> Westen“,<br />

sprich die USA, dafür, dass er sich des „Problems“ <strong>der</strong> Serben in Kroatien wird<br />

annehmen können.<br />

Zuerst jedenfalls nimmt er sich des „Problems“ Westslawonien an. Militärisch<br />

gestärkt, können die Kroaten zuversichtlich sein. Denn sie können mittlerweile auf<br />

ein beachtliches militärisches Potential zurückgreifen, das jenes von 1991 221 - das in<br />

219<br />

Profil 47, 22. November 1999. S. 96<br />

220<br />

Bemerkenswert und wichtig ist - wie so oft auf dem Balkan - Tudjmans Familiengeschichte. Sein<br />

Vater Stjepan war angesehenes Mitglied <strong>der</strong> konservativen kroatischen Bauernpartei gewesen. Nach<br />

<strong>der</strong> Zerschlagung Jugoslawiens 1941 war <strong>der</strong> Vater mit seinen Söhnen zu den Tito-Partisanen<br />

gegangen. Franjos Bru<strong>der</strong> fiel. Der Vater wurde nach dem Sieg von <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Geheimpolizei ermordet - das ehemalige Mitglied einer „bürgerlichen Partei“ galt als gefährlich.<br />

Zunächst studierte Franjo an <strong>der</strong> Militärakademie, arbeitete im Generalstab an einer<br />

Militärenzyklopädie, wurde 1960 schließlich General. Dann trat er aus <strong>der</strong> Armee aus, studierte in<br />

Zagreb Geschichte und wurde Universitätsprofessor - eigentlich ein höherer Parteischulungsleiter. Im<br />

kroatischen Frühling Ende <strong>der</strong> sechziger Jahre, als sich die liberale KP-Führung in Zagreb zu<br />

profilieren versuchte, hatte auch Tudjman sein „Kroatentum“ entdeckt. Ebenda. S. 96<br />

221<br />

<strong>Die</strong> infanteristische Ausstattung <strong>der</strong> kroatischen Kämpfer war 1991 zum Teil völlig heterogen und<br />

qualitativ unterschiedlich gewesen. Manche hatten neuestes Material, an<strong>der</strong>e nicht: “Ganz am Anfang<br />

(1991, RD) wurde <strong>der</strong> kroatische Abwehrkampf häufig nur mit Jagdflinten geführt. Manchmal wurden<br />

richtige Sammlerobjekte hervorgezogen: Als die Armee und die Freischärler die Autobahn zwischen<br />

Zagreb und Belgrad abschnitten, kam ein Kroate mit einem ‘Steyr-Mannlicher’-Repetiergewehr, das<br />

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